An einem Sonntag kann man viele verschiedene Dinge unternehmen, beispielsweise brunchen mit der Familie, eine Fahrradtour machen, zum Gottesdienst gehen oder einfach nur ausschlafen. Ich zumindest bin heute in der Apotheke, denn der Notdienst steht an.
Die Berichterstattung der vergangenen Wochen ist auch an uns nicht spurlos vorbeigegangen: Die neue Datenschutzverordnung ist nicht mit Whatsapp vereinbar, damit ein Weltuntergang für unsere Kunden, die das Angebot gerne in Anspruch nehmen. „Den Dienst nutzen doch heute fast alle“, sagt Max. „Whatsapp ist nicht wegzudenken. Warum muss man denn alles in der Apotheke noch weiter reglementieren?“ Das trifft es auf den Punkt, immer mehr Gesetze und immer mehr Verordnungen... Bald werden wir für alles eine Einverständnis einholen müssen – schriftlich versteht sich.
Die Kunden sind irritiert. „Das ist doch meine Entscheidung, welche Daten ich Ihnen schicke“, sagte Anfang der Woche einer. Der Service war beliebt, vor allem die jüngere Generation war begeistert. Aber auch die Ü40-Generation war dafür zu haben. „Jetzt müsst ihr euch was anderes überlegen. Apotheker und Digitalisierung...“
Dingdong! Max, darüber sprechen wir gleich weiter.
Ich: Guten Tag, wie kann ich Ihnen helfen?
Kunde: Hallo. Ist der Chef nicht da? Hat er wieder eine Aushilfe hier hingestellt? (Er verzieht sein Gesicht)
Ich: Mein Chef ist heute nicht da, ich leiste heute den Bereitschaftsdienst.
Kunde ist unentschlossen, ist genervt, dass ich jetzt da stehe. Andererseits möchte er das Arzneimittel abholen. Ein kurzes hin und her, danach drückt er mir ein Privatrezept in die Hand.
Ich lese: Sildenafil 100 mg, 24 Stück. Jetzt verstehe ich, warum er den Chef sprechen wollte.
Wahrscheinlich ist er extra deshalb in den Notdienst gekommen, denn das Rezept ist von Freitag.
Ich: Bekommen Sie das Medikament zum ersten Mal? Hat Ihnen der Arzt Informationen zur Anwendung und Dosierung gegeben?
Kunde: Das weiß ich doch nicht! (Er wird laut) Das ist nicht für mich, das ist für meinen Nachbarn!
Ich: Wissen Sie denn, ob ihr Nachbar andere Medikamente einnimmt?
Kunde: Woher soll ich das denn wissen?
Ich gebe ihm eine kurze Beratung zur Anwendung und Hinweise zu Kontraindikationen, das will er aber nicht wissen. Schließlich könnte er auch die Fragen nicht beantworten, weil das Präparat für jemand anderen sei. „Sie können die Informationen ja weitergeben, stimmt‘s?“, sage ich. Habe ihm zwar nicht abgekauft, dass das Mittel für seinen Nachbarn ist, aber ich lächele freundlich weiter.
Ich: Das sind dann 52,40 Euro, bitte.
Kunde: Was??? So viel. Mein Nachbar hat mir nur 49,90 Euro mitgegeben. Das kostet doch immer so viel!
Ich: Ja, da haben Sie recht. Aber die 2,50 Euro sind die Notdienstgebühr.
Kunde: Das kläre ich mit Ihrem Chef ab. Geben Sie mir bitte den Kassenbon.
Er bezahlt und lässt die Packung schnell in seiner Jackeninnentasche verschwinden.
Ich: Einen schönen Sonntag noch!
Kunde: Danke, werde ich haben!
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