Das Bananen-Rezept APOTHEKE ADHOC, 19.10.2018 09:47 Uhr
Eitrige Ausschläge, nässende Entzündungen oder die genaue Beschreibung des Stuhlgangs – geht es um unappetitliche Gesundheitsprobleme von Kunden, sind verständnisvolle Reaktionen gefragt. Den kurzen Würgereflex muss man sich dann verkneifen, bis man sich zur Sichtwahl umgedreht hat. Weniger klar ist für viele, wie man sich bei Rezepten verhalten kann und muss, die den gängigen Erwartungen an Hygiene und Sittlichkeit spotten. Der angehende PTA Artur Szulc-Busse kann davon ein Lied singen. Welche Erfahrungen habt ihr gemacht? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC!
Kaffee, Schokolade, braune, gelbe, grüne Säfte oder gar Blut – das hört man meist von PTA und Approbierten, wenn man nach dreckigen Rezepten fragt. Auch eine bei PTA unbeliebte Angewohnheit: Die Kunden lecken sich den Finger und reichen ihren frisch bespeichelten Zettel dann über den HV-Tisch. Eine PTA berichtet davon, dass sie die Patienten manchmal aufklärt, die Krankenkasse werde das Rezept vielleicht nicht annehmen, wenn es vor Verunreinigung unleserlich ist.
Erfahrung in solchen Situation kann nicht schaden, wenn man angemessen auf ein unappetitliches Rezept reagieren muss. Allzu viel davon hat Szulc-Busse allerdings noch nicht. Der 18-Jährige ist gerade seit drei Monaten für den praktischen Teil seiner PTA-Ausbildung in der Korber-Höhe Apotheke in Waiblingen. „Da kam eine Kundin und hat mich schon beim Hereinkommen ganz schief angeschaut“, wie er sich erinnert.
Sie reichte Szulc-Busse ein Rezept für zwei Packungen Otriven und eine Packung Neocate. Darauf fiel der Blick des angehenden PTA aber nicht zuerst, sondern auf die braune Masse, die die linke untere Ecke des Rezeptes zierte – oder vielmehr das, was davon übrig war. Um Bananenpüree habe es sich dabei gehandelt, erklärte die Frau dem PTA-Azubi. „Also lecker war das nicht“, erinnert der sich.
Wie es dazu kam, dass das Rezept so aussieht? Darüber schweigt man sich in solchen Situationen manchmal besser aus. „Der Frau war das auch sichtlich peinlich“, sagt Szulc-Busse. Das Rezept habe er dann ohne weitere Beanstandungen angenommen. „Wir wollten es ihr auch nicht antun, mit zwei Kindern erneut zum Arzt zu gehen.“
Etwas verunsichert und in der Hoffnung, dass es sich bei der braunen Masse tatsächlich nur um eine ehemalige Banane handelt, wendete Szulc-Busse sich an seinen Chef, Apothekeninhaber Dominik Öhlschläger. „Ich hab‘ ihn direkt gefragt, ob ich das bedienen darf. Er hat auch erstmal schief geguckt und gelacht – sowas hatte er auch noch nicht gesehen.“ Mit Büchern und einem Justiergewicht mussten sie das Rezept erst einmal wieder halbwegs in Form bringen, damit es nicht den Drucker erwürgt.
Öhlschläger ist da etwas erfahrener und meinte zu zu seinem jungen Mitarbeiter, dass man sich an so etwas gewöhne. Der Pharmazeut selbst räumt allerdings auch ein: „Man kriegt schon viel hingelegt, aber sowas sieht man auch nicht alle Tage.“ Einmal angenommen, war nun nach dem sozialen auch das praktische Fingerspitzengefühl der beiden Herren gefragt, denn das Rezept musste ja noch durch den Drucker. „Ich hab dann versucht, es mit einer guten Stelle zuerst reinzuschieben“, erklärt Szulc-Busse.
Doch siehe da: Entgegen der Befürchtungen machte die Technik keine Anstalten. Für Öhlschläger ein Indiz, dass früher eben doch robuster gebaut wurde als heute: „Da lobe ich mir meinen alten Epson-Drucker“, sagt er. „Das ist ein richtiger Dinosaurier! Da könnte ich eine ganze Salami reinschieben – der würde da trotzdem den Preis draufnageln!“
Hygienemängel sind eigentlich auch nicht sein größtes Amüsement bei Rezepten. Viel häufiger belustigen ihn falsche oder unnütze Informationen. „Wir wurden mehrmals retaxiert, weil die Ärzte bei Rezepten für Nadeln die Diagnose Diabetes nicht mit drauf geschrieben haben“, erinnert er sich. „Deswegen schreiben die Ärzte die jetzt ständig mit drauf – beispielsweise bei Rezepten für Insulin!“
Ihm sei aber auch bewusst, dass es eigentlich ein „unheimliches Risiko“ war, das er mit dem Bananenrezept eingegangen ist: „Wenn der Drucker das nicht packt, dann ist die ganze Kasse dicht“, erklärt er. Angesichts der Tatsache, dass er auch erst seit Anfang 2017 Apothekeninhaber ist, ist er sich nicht ganz sicher, ob es sich in dem Moment um „juvenilen Leichtsinn gehandelt hat oder ob die Hemmschwelle, sowas durch den Drucker zu jagen, einfach so schnell sinkt.“
Wie schlimm darf ein Rezept aussehen? Wo sind für euch die Grenzen der Belieferung? Jetzt mitdiskutieren im LABOR von APOTHEKE ADHOC!