Das abgerissene Umschau-Cover Alexander Müller, 24.11.2018 14:23 Uhr
Mein ICE nach Essen hat leider nicht außerplanmäßig gehalten, weil Jan Böhmermann aussteigen musste – da wäre ich zu gern dabei gewesen. Wir hatten nur die standardmäßige umgekehrte Wagenreihung (wieso fällt das eigentlich so oft erst kurz vor der Einfahrt des Zuges auf?) und Nebel von Berlin bis in den Pott. Dafür hatte ich eine sehr nette Sitznachbarin und habe Aufschlussreiches über den Apothekenmarkt erfahren.
Ein flüchtiger Seitenblick auf meinen Laptop hatte der Dame schnell verraten, dass ich irgendetwas mit Apotheken zu tun haben muss. Und schon hatten wir ein Thema: Neulich habe sie die „Apotheken Rundschau“ in der Hand gehabt, von ihrer Schwägerin. (Es erstaunt mich immer wieder, dass sich der Name bei all der Fernsehwerbung nicht überall durchgesetzt zu haben scheint.)
Jedenfalls wollte die besagte Schwägerin ihr das Magazin eigentlich als Reiselektüre mitgeben. „Aber so weit bin ich noch nicht“, sagt meine Nachbarin. Wie denn das gemeint sei. Erklärung: Sie sei doch gesund und keine Oma. Also Oma schon, aber nicht so alt. Also habe sie das Titelblatt von der Rundschau abgerissen, damit man es nicht gleich sieht im Zug. „Am Ende habe ich sie aber doch da gelassen.“
Da ist er wieder, der wenig schmeichelhafte Spitzname „Rentnerbravo“. Und so wie wir uns früher vor den Eltern für die Oben-ohne-Fotos in der Bravo geschämt haben, genieren sich Teile der mittleren Generation anscheinend dafür, mit der Umschau gesehen zu werden. Das wird man in Baierbrunn nicht gerne hören.
Aber keine Panik, sie wird ja doch gelesen. Meine Sitznachbarin räumt schließlich ein, dass das Heft ja doch öfter mal im Haus ist. Weil sie dem Mann mitgegeben wurde. Mit Rätselteil! Naja, also die Gesundheitstipps hat man im Laufe des Lebens schon woanders gehört, aber einem Bekannten hat sie neulich einen Beitrag über Neurodermitis ausgeschnitten und in die Post gegeben.
Und dann kommen wir auf Apotheken zu sprechen, von denen es ja ganz schön viele gebe. Doch neulich habe sie gehört, dass es immer weniger werden, weil so viele Leute ihre Medikamente im Internet aus Polen bestellen oder aus China. „Also das würde ich nicht machen, schon gar nicht aus Fernost, da zahl‘ ich lieber ein bisschen mehr.“ Und die Rundschau gibt’s sogar gratis dazu.