Schadenersatz

Conterganopfer verklagt Deutschland dpa, 22.07.2010 15:04 Uhr

Bonn - 

Ein Conterganopfer verklagt die Bundesrepublik auf Schadenersatz. „Der Staat hat es damals unterlassen, Arzneimittelproduktion und -vertrieb zu kontrollieren“, sagt der Kläger Otmar Korte, der selbst Anwalt ist. Der „symbolische Streitwert“ betrage 5001 Euro. Nach Kortes Einschätzung wird im Zusammenhang mit Contergan zum ersten Mal die Bundesrepublik verklagt. Das Bonner Landgericht bestätigte den Eingang der Schrift.

Nach den Römischen Verträgen 1957 zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft hätte Deutschland sofort ein Arzneimittelgesetz schaffen müssen, argumentiert Korte. Dieser Verpflichtung sei Deutschland nicht nachgekommen. Im Rahmen seiner Schutz- und Fürsorgepflicht hätte der Staat die Arzneimittelüberwachung ausüben müssen. Erst seit dem Arzneimittelgesetz von 1976 müssen die Hersteller nachweisen, dass ihre Mittel helfen und ungefährlich sind.

Eine funktionierende Arzneimittelaufsicht hätte der Zusammenhang zwischen dem Schlafmittel Contergan und embryonalen Schädigungen schon 1958 erkannt, meint der Kläger. Der Staat hätte das Mittel des Herstellers Grünenthal spätestens 1960 vom Markt nehmen müssen, als schon viele Missbildungen erkennbar gewesen seien.

Grünenthal hatte das Schlafmittel als völlig sicher und frei von Nebenwirkungen 1957 auf den Markt gebracht und 1961 zurückgezogen. Contergan löste einen der größten Arzneimittelskandale in der deutschen Geschichte aus. Weltweit kamen rund 10.000 Kinder mit schweren körperlichen Missbildungen zur Welt, vor allem an Armen und Beinen. Viele Kinder starben kurz nach der Geburt. In Deutschland waren 5000 Kinder betroffen.

Der Hersteller selbst kann nicht auf Schadensersatz verklagt werden. Mit Gründung der Contergan-Stiftung „Hilfswerk für behinderte Kinder“ wurde ein Gesetz verabschiedet, mit dem alle etwaigen bestehenden Ansprüche von Opfern gegen die Firma Grünenthal erloschen. Damals anhängige Zivilverfahren wurden mit dem Gesetz wirkungslos.