Entschädigungsforderung

Conterganopfer im Hungerstreik

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Mit einem Hungerstreik wollen vier Conterganopfer und eine Angehörige ihre Forderung nach erheblich verbesserten Entschädigungen durchsetzen. Von der Bundesregierung verlangen sie die Verdreifachung der monatlichen Entschädigungsrenten auf maximal 3270 Euro und von der Aachener Hersteller-Firma Grünenthal eine Million Euro pro Betroffenem. „Der Hungerstreik ist für uns die letzte Chance, und das ziehen wir durch bis zur letzten Konsequenz“, sagte Stephan Nuding. Mit ihm befindet sich auch seine 79-jährige Mutter schon den vierten Tag im Hungerstreik.

Viele Contergan-Opfer brauchten schon jetzt rund um die Uhr Hilfe und müssten im Alter mit sehr geringen Renten rechnen. Ihnen drohe die Altersarmut, sagte Nuding, der selbst unter starken Einschränkungen an Händen und Armen, Schädigungen an der Wirbelsäule und an einem Bein leidet. Die Teilnehmer des Hungerstreiks hätten alle Bundestagsfraktionen und das Familienministerium über die Aktion in einem evangelischen Gemeindezentrum informiert. Die Forderungen deckten sich mit denen der im Januar gegründeten Internationalen Contergan und Thalidomid Allianz (ICTA) und seien auch Grünenthal bekannt, sagte Nuding.

Der Hersteller des Schlafmittels lehnte ein Gespräch mit den Teilnehmern des Hungerstreiks ab. „Wir werden nicht in ein Gespräch gehen, das auf Druck zustande kommen soll“, sagte Grünenthal-Sprecherin Annette Fusenig. Die Teilnehmer der Aktion hätten keinen direkten Kontakt zu dem Unternehmen aufgenommen. Es sei auch nicht geklärt, wen die Initiative vertrete und wer sie zu diesem Schritt legitimiert habe.

In ihrer schriftlichen Stellungnahme ging die Bundesregierung nicht auf den Hungerstreik ein. Das zuständige Familienministerium betonte die erreichten Verbesserungen. Die Renten seien in diesem Jahr verdoppelt worden und Grünenthal habe freiwillig 50 Millionen Euro zugesagt. Es seien weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lebenssituation der Contergangeschädigten geplant. Verhandlungspartner auf der Opferseite sei der Bundesverband Contergangeschädigter.

Grünenthal hatte das Medikament Contergan 1957 auf den Markt gebracht, dessen Wirkstoff Thalidomid bei rund 5000 Kindern in Deutschland beträchtliche Fehlbildungen an den Gliedmaßen auslöste. Ein Strafprozess war 1970 wegen geringer Schuld eingestellt worden. Laut Opfer-Verband leben heute rund 2800 Betroffene.

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