Die Behandlung ihrer Blasenentzündung mit einem Ciprofloxacin-Präparat führte zu erheblichen Nebenwirkungen. Über drei Monate hatte Gina de Nuccio mit Gelenkschmerzen und einer Entzündung der Achillessehne zu kämpfen. Auf Facebook hat sie der Wirkstoffklasse den Kampf angesagt.
Die Beschwerden stellten sich am 30. Mai ein. „Ich hatte es zunächst zu Hause mit Tee und Cranberrysaft versucht, aber nachmittags ging es nicht mehr“, berichtete die in Herford lebende US-Amerikanerin der Zeitung „Neue Westfälische“. Doch das vom Hausarzt zunächst verordnete Mittel habe nicht die erhoffte Linderung gebracht: „Ich bekam Durchfall und die Blasenentzündung ging nicht weg.“ Ihr Arzt verschrieb ihr jetzt das Breitband-Antibiotikum Cipro Basics 250 mg (Ciprofloxacin) des Generikaherstellers Basics.
Binnen 48 Stunden traten völlig unerwünschte Nebenwirkungen auf: „Ich hatte immer noch starken Durchfall, bekam schlimme Schmerzen in allen Gelenken, konnte kaum noch laufen und hatte Herzrasen“, so de Nuccio. Dazu sei sie auf einmal auf „ganz böse Gedanken“ gekommen. „Ich bin eigentlich ein sehr positiver Mensch und ich habe mich selbst nicht wiedererkannt. Ich war wirklich depressiv.“
Sechs Tabletten insgesamt habe sie eingenommen. Doch die Auswirkungen beschäftigten sie bis heute. Vor Kurzem erst sei die Entzündung der Achillessehne abgeklungen. Die Beschwerden hätten sie ihren Teilzeitjob als Haushälterin gekostet. Auch an ihre eigentliche Passion, die Kunst, sei nicht zu denken gewesen. „Ich konnte mich ja kaum bewegen. Und in meinem Atelier in Bielefeld, in dem ich auch alte Möbel restauriere, konnte ich auch lange nichts tun.“
Nebenwirkungen wie sie de Nuccio zu beklagen hatte, sind bereits bekannt: Die als Breitband-Antibiotika verwendeten Fluorchinolone wie Ciprofloxacin, aber auch Norfloxacin, Enoxacin, Ofloxacin, Levofloxacin und Moxifloxacin führen unter Umständen zu bleibenden Beeinträchtigungen. Dokumentiert sind Sehnenschäden in Form von Entzündungen oder Rissen. Besonders gefährlich ist die Ruptur der Achillessehne. Ältere Patienten ab dem 60. Lebensjahr haben ein erhöhtes Risiko. Die unerwünschte Arzneimittelwirkung kann – wie bei der 53-Jährigen – bereits wenige Stunden nach der Einnahme auftreten oder bis zu vier Wochen nach Therapieende.
Ärzte sollen, wenn antibiotische Therapiealternativen vorliegen, Fluorchinolone nicht mehr verordnen. „Die Nebenwirkungen sind zu schwer, um sie für eine Bronchitis, eine Nasennebenhöhlenentzündung oder eben für eine leichte bis mittlere Blasenentzündung in Kauf zu nehmen“, sagte Dr. Walter Martin Manzke, Leiter der Krankenhaus-Apotheke am Klinikum Herford, gegenüber der Zeitung. Bei mehr oder weniger banalen Infektionen sei diese Art der Antibiotika nicht angezeigt.
Den Beipackzettel des fatalen Antibiotikums habe sie nicht gelesen, räumt de Nuccio ein, das werde ihr so bald nicht mehr passieren. Doch die Hauptverantwortung trügen Arzt und Apotheker: „Man hätte mich zumindest über diese schweren Nebenwirkungen aufklären müssen, auch wenn sie nur so selten vorkommen. Ich hätte die Tabletten nicht genommen.“ Sie wolle jetzt nur noch nach vorne schauen. „Das war eine schlimme Zeit, aber die liegt jetzt hinter mir.“ Auf Facebook warnt sie jetzt alle potenziellen Leidensgenossen, sich vor einer Behandlung mit der Wirkstoffklasse in Acht zu nehmen.
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