Cefaclor im Notdienst: Apothekerin verzweifelt an KV-Hotline Julia Germersdorf, 27.03.2023 13:27 Uhr
Die Schönbach-Apotheke im hessischen Aßlar hatte gestern Notdienst. Die Ärzt:innen der nahegelegenen Kinder-Notsprechstunde verschrieben unbeeindruckt von den gravierenden Engpässen Cefaclor-Säfte. Inhaberin Margarete Anna Heidl hatte das Antibiotikum nicht vorrätig. Rücksprache mit dem behandelnden Arzt? Fehlanzeige.
Der Notdienst am Sonntag sei schrecklich gewesen, berichtet Heidl. 50 bis 60 Patient:innen mussten versorgt werden, hinzu kamen etliche Telefonate. Das Problem: Zumeist handelte es sich um Rezepte über Antibiotika aus einer Kinderstation. „Die Ärzte haben mit einer Ignoranz Cefaclor verordnet. Das haben wir hier momentan nicht.“
30 Minuten Warteschleife
Schon auf dem allerersten Rezept im gestrigen Notdienst stand ein Cefaclor-Saft. Da Heidl sofort ahnte, wie es weiter gehen würde, versuchte sie über die Kassenärztliche Vereinigung (KV) den Arzt zu erreichen, um mit ihm über Alternativen zu sprechen.
Als der Vater des erkrankten Kindes hörte, dass die Apothekerin an Position 28 der Warteschleife war und es mindestens eine halbe Stunde dauern würde, bis man die Behandlung besprechen könne, lehnte er ab. Er sei gefrustet mit den restlichen Arzneimitteln der Verordnung gegangen. Sie habe noch angeboten, alle verfügbaren Alternativen aufzuschreiben – dann könne er noch einmal zum ärztlichen Notdienst fahren, um sich das passende Rezept zu holen. „Das tue ich mir nicht an“, so der Vater gegenüber Heidl. Er habe bereits mehrere Stunden in der Kinderambulanz verbracht.
Irgendwann erreichte Heidl über Umwege eine Person, die persönlichen Kontakt zur Station hatte. Die Information, man möge bitte Alternativen verordnen, habe dort aber niemanden interessiert. Es wurde weiter Cefaclor aufgeschrieben.
Dass sie Kund:innen für ein sonst gängiges Antibiotikum wegschicken muss, die im ländlichen Raum mitunter über 60 Kilometer Fahrtweg zurückgelegt haben, empfindet Heidl als Zumutung. Bei „vernünftiger Erreichbarkeit“ hätte man die Sache ja telefonisch klären können; sie aber habe keine Chance gehabt, den Arzt oder die Ärztin im Notdienst zu erreichen. Alleine über ein Alternativpräparat entscheiden dürfe sie ja nicht.
Die ärztliche Erreichbarkeit muss für uns Leistungserbringer gegeben sein.
In ihrer Verzweiflung hat Heidl auch schon einmal die 112 angerufen, um über den Notruf auf eine Leitstelle verbunden werden zu können. Doch auch dies war erfolglos, ein Weiterverbinden war nicht möglich. „Die KV besteht darauf. Es ist eine bodenlose Unverschämtheit, was die sich leisten.“
Keine Zusammenarbeit möglich
„Statt zusammenzuarbeiten und für die Patient:innen die schnellstmöglichen Lösungen zu finden, muss man sich auch als Leistungserbringer hinten anstellen“, beklagt die Apothekerin. „Die KV kriegt es nicht hin, dass wir im Notdienst über eine gesonderte Leitung die Ärzt:innen erreichen können. Und das ist denen auch noch sowas von egal. Und Lauterbach tut ebenfalls nichts, um die KV in dieser Richtung zu verpflichten.“
Es sei eine Frechheit, dermaßen im Stich gelassen zu werden. Heidl ist genervt von Lauterbachs Ignoranz und seiner Unfähigkeit, die Lieferengpässe vor allem bei den Kinderarzneimitteln zu lösen. „Das sind alles nur Ankündigungen. Da passiert gar nichts.“