Cannabis: Statt Apotheke zum Bauern um die Ecke Silvia Meixner, 04.12.2017 12:38 Uhr
Nach einem schweren Motorradunfall leidet Günter Weiglein aus Würzburg seit Jahren an Schmerzen. Cannabis hilft ihm, aber die Krankenkasse weigerte sich eine Zeitlang, die Kosten zu übernehmen. Die Privatversorgung in der Apotheke konnte er sich nicht leisten. Weil er privat Cannabis anbaute, stand er jetzt vor Gericht.
Weiglein braucht zwischen ein und drei Gramm täglich, um seine Schmerzen ertragen zu können. Laut seiner Erfahrung kostet ein Gramm 56 Euro. Zu teuer. Der Schmerzpatient ist nach dem Unfall gehbehindert, er sagt: „Jemand kam von links und nahm mir die Vorfahrt. Vom linken Unterschenkel bis zum linken Unterkiefer bin ich quasi zusammengeschraubt.“
Eine Nachbarin hatte die Pflanzen gesehen und ihn im Mai 2016 angezeigt. Die Polizei entdeckte schließlich seine 45 Cannabispflanzen. Das Würzburger Amtsgericht verurteilte ihn jetzt wegen vorsätzlichen unerlaubten Anbaus von Betäubungsmitteln zu einer Geldstrafe von 300 Euro auf Bewährung. Das bedeutet, dass die Geldstrafe erst dann fällig wird, wenn er weiterhin Cannabis anbaut, um seinen Bedarf decken. Derzeit ist er auf der sicheren Seite, seit Ende September hat er wieder eine Genehmigung seiner Krankenkasse.
Weiglein sagt, dass er das Cannabis braucht. In den vergangenen zehn Jahren hat er eine Odyssee erlebt. Weil ihm, wie sein Arzt bestätigt, die Schulmedizin keine Lösung bietet, hat er die Genehmigung, Cannabis über ein ärztliches Rezept zu erwerben und zu konsumieren.
Doch nicht immer gelang ihm das. So weigerte sich zum Beispiel eine Ärztin, ihm Rezepte auszustellen. Ihre Begründung: Budgetprobleme. Weiglein wechselte den Arzt, dieser stellte ihm neue Rezepte aus. Dann legte sich die Krankenversicherung quer.
2014 erstritt Weiglein gemeinsam mit drei anderen Schmerzpatienten vor dem Verwaltungsgericht Köln die Erlaubnis, Cannabis für den Eigenbedarf anzubauen. Die Bundesopiumstelle im Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) ging dagegen in Berufung, das Verfahren ist bislang nicht abgeschlossen.
Die Richterin in Würzburg erklärte, dass es kein Selbsthilferecht gebe, der Anbau sei zwar „menschlich nachvollziehbar, aber trotzdem verboten“. Gegenüber dem Bayerischen Rundfunk sagte Weiglein nach der Urteilsverkündung: „Ich habe nichts anderes erwartet. Mittlerweile ist ja festgestellt worden, dass ich ein Rezept habe. So lange das jetzt läuft und ich mein Cannabis tatsächlich über die Kasse beziehen kann, werde ich das natürlich tun. Sollte wieder ein Lieferengpass eintreten oder wie auch immer die Versorgung nicht gewährleistet sein, bin ich wieder gezwungen, mich anderweitig zu versorgen. Das heißt durch Eigenanbau oder auch vom Bauern um die Ecke.“