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Glaeske: Komplizen der Hersteller

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Berlin -

Der Arzneimittelökonom Professor Dr. Gerd Glaeske hat die Vergabe des Siegels „Medikament des Jahres“ scharf kritisiert. In einem TV-Beitrag des NDR-Magazins „Markt“ bezeichnete Glaeske die Auszeichnung des Bundesverbands Deutscher Apotheker (BVDA) als „Komplizenschaft“ mit den Herstellern.

Aus der Reihe der 93 BVDA-Titelträger hat „Markt“ die Erkältungsmittel Grippostad (Stada) und Meditonsin sowie die Halsschmerztabletten Dorithricin (beide Medice), das Schlankheitsmittel Fomoline L112 (Certmedica) und Arthrosemittel Dona (Meda) herausgegriffen. „Ein Siegel, das Vertrauen schafft: Denn wenn es die Apotheker empfehlen, muss es ja gut sein“, so der Bericht. Zur Bestätigung wurden Passanten zu dem Siegel befragt, die unisono angaben, dass das Prädikat ihre Kaufentscheidung positiv beeinflussen könnte.

Glaeske kritisiert, dass alle fünf genannten Präparate zuletzt viel Kritik auf sich gezogen hätten. So seien bei Grippostad die Wirkstoffe nicht sinnvoll kombiniert, auch Dorithricin sei wenig geeignet. Glaeske findet, dass keines der Medikamente einen Preis verdient hätte. Die Produkte seien kaum geeignet, die Kompetenz der Apotheker darzustellen, so der Gesundheitsökonom.

Auch „Markt“ moniert, dass die Qualität der Medikamente gar nicht überprüft werde und die Bewertung nur auf einer Umfrage unter Apothekern beruhe. Auch die ganzseitigen Anzeigen im Heft zum „Medikament des Jahres“ fielen auf. Der Preis für eine Seite sei mit 9260 Euro angegeben. „Auf das gesamte Heft gerechnet wären das mehr als 600.000 Euro, die die Pharmaunternehmen dem BVDA gezahlt hätten – ein Riesengeschäft für den Bundesverband“, heißt es im Beitrag.

Glaeske findet das Konzept fragwürdig: „Das ist wie eine Komplizenschaft: Ich zeichne etwas aus und derjenige, der das Produkt herstellt, bewirbt es stärker. Insofern kommt der Verkauf mehr in Gang, als das vorher der Fall war. Und dann hätte man das erreicht, was man wollte, nämlich viel zu verkaufen mit günstigen Konditionen, und das scheint mit dahinter zu stecken.“

Der BVDA wollte sich gegenüber „Markt“ nicht äußern. Dafür kommt Rechtsanwältin Christiane Köber von der Wettbewerbszentrale zu Wort: „Wir halten das Siegel für wettbewerbswidrig, weil wir meinen, dass der Verbraucher keinerlei Informationen darüber erhält, wie dieses Siegel eigentlich zustande gekommen ist.“ Es gebe für Verbraucher keine Hinweise, warum das Siegel verliehen wurde.

Die Wettbewerbszentrale hat schon ein Verfahren gegen die Verwendung des Siegels geführt – und gewonnen. In zweiter Instanz entschied das Oberlandesgericht Frankfurt (OLG), dass die Werbung mit der Auszeichnung unzulässig ist. Köber erklärt im Beitrag, dass Empfehlungen von Fachleuten nach dem Heilmittelwerbegesetz (HWG) verboten sind. Dennoch sei es bei den Herstellern sehr beliebt, in Anzeigen „die fachliche Autorität von Ärzten oder Apothekern zu bemühen“.

In dem Verfahren ging es um das Erkältungspräparat Wick MediNait, das im vergangenen Jahr ausgezeichnet worden war. Hersteller Procter & Gamble (P&G) hatte intensiv mit dem Siegel geworben. Glaeske hat für die Wahl kein Verständnis: „Ich halte das für unsäglich, dass man ein solches Arzneimittel als Mittel des Jahres kürt und damit dem Hersteller noch einmal ein positives Image für ein Produkt gewährt, das seit Jahren umstritten ist und seit Jahren nicht mehr empfohlen werden sollte.“

P&G habe gegenüber „Markt“ mitgeteilt, man habe das Urteil „zur Kenntnis genommen“. Beworben wird Wick MediNait derzeit nicht mehr mit dem Siegel, Wick VapoSpray dagegen schon. Das Medizinprodukt ist von dem Urteil des OLG nicht betroffen.

Dass der BVDA gar nicht die Spitzenorganisation der Apotheker ist, sondern die ABDA, wird im Beitrag ebenfalls erwähnt. Und die gibt den kleinen Konkurrenzverband im Beitrag zum Abschuss frei: „Die ABDA distanziert sich von derartigen Maßnahmen und würde sie selbst auch nicht durchführen. Die Aufgabe der Apotheken besteht in einer möglichst unabhängigen Beratung ihrer Patienten.“

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