BSG: Arzt haftet für defekten Kühlschrank Patrick Hollstein, 02.07.2022 09:14 Uhr
Ist der Kühlschrank in der Praxis defekt und müssen die dort gelagerten Impfstoffe vernichtet werden, muss die Kasse keine Ersatzlieferung bezahlen. Das hat das Bundessozialgericht (BSG) entschieden.
Eine Kinderarztpraxis aus Magdeburg hatte nach einer technische Panne beim Temperaturregler eines Kühlschranks Impfstoff im Gesamtwert von 24.400 Euro vernichten müssen. Sie zeigte den Vorfall bei der Abrechnungsstelle an und bestellte neuen Impfstoff über den Sprechstundenbedarf. Zu Unrecht, wie die AOK Sachsen-Anhalt befand. Die Prüfungsstelle nahm die Praxis in Regress; auch der Beschwerdeausschuss gelangte zu der Auffassung, dass im Fall einer Havarie letztlich der Arzt das Risiko zu tragen habe.
Das Sozialgericht wies die Klage der Praxis ab, auch die Sprungrevision ist ohne Erfolg geblieben. Für die Annahme einer unzulässigen Ersatzverordnung von Impfstoff sei es ausreichend, dass der Schaden aufgrund einer Fehlfunktion eines Geräts in den Praxisräumen des Arztes eingetreten ist, so das BSG. Zwar können technische Fehler eines Medikamentenkühlschrankes nie vollständig ausgeschlossen werden. „Das Risiko eines Schadenseintritts kann der Arzt als Betreiber seiner Praxis aber in weitem Umfang beeinflussen. Durch Auswahl, Wartung und Überwachung der Praxisausstattung kann die Gefahr von Sachschäden so gering wie möglich gehalten werden.“
Hinzu komme, dass der Arzt in gewissem Rahmen Einfluss auf die Menge des gelagerten Impfstoffs habe. „Im welchem Umfang der Arzt Vorsorge trifft (auch durch den Abschluss von Versicherungen), unterliegt seiner freien unternehmerischen Entscheidung und kann weder von den Prüfgremien noch von den Krankenkassen kontrolliert werden.“
Im Fall von höherer Gewalt sehe die Sache womöglich anders aus – insbesondere bei Naturereignisse seien keine „planbaren Vorkehrungen“ möglich. „Eine solche Konstellation liegt aber nach den Feststellungen des SG nicht vor.“