Para-Dressurreiten

Bronze dank Apothekenverwalter

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Berlin -

Gerade sind die Para-Dressur-Reiterin Elke Philipp und ihr Hengst Fürst Sinclair aus den USA zurückgekehrt. In Tryon im US-Bundesstaat North Carolina haben sie an den Weltreiterspielen 2018 teilgenommen und einen sensationellen Erfolg errungen: Das Team der deutschen Para-Dressurreiter gewann die Bronzemedaille. Dass sie überhaupt teilnehmen konnte, war nicht selbstverständlich: Ihr Mann Werner, ein Apotheker aus dem bayerischen Treuchtlingen, starb im April. Plötzlich stand sie allein mit der Rathaus-Apotheke da. Ein Kollege sprang spontan als Verwalter ein.

Seitdem kämpft sie um den Erhalt des Unternehmens. Und oft auch mit den Tränen. Die sie sogleich tapfer trocknet und sich entschlossen den Widrigkeiten des Lebens entgegenstemmt. Philipps‘ Antrieb war dabei der Ratschlag, den ihr Mann ihr vor seinem Tod mit auf den Weg gegeben hat. „Er hat immer gesagt, mach‘ weiter, du wirst das schaffen“, sagt sie. Er hat sie in ihrem Sport immer unterstützt, ist zu Wettkämpfen mitgefahren, hat mitgefiebert und war bei den vielen Siegen, die sie errungen hat, vermutlich der Stolzeste im Publikum.

Im Alter von 20 Jahren erkrankte Elke Philipp an einer Hirnhaut- und Kleinhirnentzündung. Seitdem lebt die Para-Dressur-Reiterin mit Beeinträchtigungen ihres Bewegungsapparates, geht an Krücken und hat einen permanenten Luftröhrenschnitt.

„Mein Mann hat nie meine Behinderung gesehen“, sagt sie. „Er hat mich als Menschen gesehen.“ Das tun nicht alle, neugierige Blicke, was die Frau, die an Krücken geht, wohl hat, sind an der Tagesordnung. „Viele schrecken zurück, wenn sie mich sehen.“ Sie lebt nach der Devise: „Eine Behinderung ist nur eine besondere Herausforderung, die gemeistert werden muss.“

 

Weil sie erfahren hat, dass es viele Menschen gibt, denen noch härtere Prüfungen auferlegt werden. Sie erinnert sich noch genau an jenen Tag, als sie erfuhr, dass sie an Hirnhautentzündung erkrankt war. „Es war Wochenende, ich war in der Disco. Als ich heimkam, hatte ich Kopfschmerzen.“ Was soll‘s, denkt man sich in dem Alter, wird wohl ein Cocktail zu viel gewesen sein. „Am nächsten Tag ging es mir so schlecht, dass ich vor Schmerzen geschrien habe.“

Sie brach zusammen, kam ins Krankenhaus, wo die Ärzte schnell die Diagnose Hirnhautentzündung stellten. „Nach zwei Wochen in komaähnlichem Zustand bin ich wieder wach geworden“, erinnert sie sich, „ich hatte Orientierungsprobleme, war erschöpft. Wenig später kam es zu Ausfällen in den Beinen, dann in den Armen. Nach sechs weiteren Wochen wurde festgestellt, dass es Probleme im Kleinhirn, vermutlich ausgelöst durch eine Viruserkrankung, gab. Als ich nach dem Aufenthalt in einem kleinen Krankenhaus schließlich in Würzburg ins Krankenhaus kam, war ich mehr oder weniger schon ein Pflegefall.“

Ihre Zimmergenossinnen waren zwei Patientinnen, denen es noch schlechter ging: „Eine hatte MS im Endstadium die andere einen Tumor. Ich wusste, bei mir geht es weiter in die Reha, die beiden anderen gingen nach Hause, um zu sterben.“ Eine furchtbare Erfahrung für einen jungen Menschen. Für Elke Philipp wurde das Erlebnis zum Ansporn: „Da war mir klar, dass ich weiter um das Geschenk des Lebens kämpfe.“

Bisher ist kein Tag vergangen, an dem sie das nicht gemacht hat. Zuerst kämpfte sie sich mit Ergotherapie einen Teil ihrer Beweglichkeit zurück, danach machte sie eine Hippo-Therapie und entdeckte dabei ihre Liebe zu Pferden. „Ich habe eine zentrale Funktionsstörung, die körperliche Ausfälle der gesamten Motorik zur Folge hat“, erklärt sie. „Ein permanenter Luftröhrenschnitt ermöglicht mir auch unter sportlicher Betätigung genügend Sauerstoffzufuhr.“ Vor ihrer Erkrankung war sie leidenschaftlich Ski gefahren, auch Wettkämpfe, das ging nicht mehr. Bewegung ist für sie die beste Medizin: „Wenn ich nichts tue, dann wird es schlechter“, sagt sie. Also bewegen, immerzu bewegen. „Ich bin ein Stehaufmännchen. Als Pflegefall in einem Töpferkurs zu enden, war für mich eine Horrorvorstellung.“

In gewisser Weise hat ihre Erkrankung sie zur Liebe ihres Lebens geführt. Denn sie musste oft in die Apotheke in Treuchtlingen. Und dort stand Werner Philipp in der Offizin. Die beiden verliebten sich und heirateten 2005. In diesem oder nächsten Jahr wollte er seine Apotheke verkaufen und mit seiner Frau das Leben genießen. Mit dem Wohnmobil verreisen, zu Reitturnieren fahren, nicht mehr so viel arbeiten.

Da kam erneut ein Schicksalsschlag. Als bei dem Apotheker Krebs festgestellt wurde, glaubten er und seine Frau lange Zeit an Heilung. Bis ein Rückschlag kam und er sie schließlich, erschöpft vom Kampf gegen den unerbittlichen Gegner, bat, ihn gehen zu lassen. „Er ist in meinen Armen gestorben“, sagt Elke Philipp.

Die Welt schien ein weiteres Mal zusammenzubrechen. Was sollte nun mit der Apotheke geschehen? „Ich habe einen Verwaltungsapotheker gefunden, der hoffentlich bleibt, bis die Apotheke verkauft oder verpachtet wird“, sagt sie. Elke Philipp hat in Heidelberg eine Ausbildung zur medizinisch-technischen Laboratoriums-Assistentin gemacht und anschließend Großlabormanagement in Karlsruhe studiert. In den vergangenen Jahren hat sie sämtliche Büroarbeiten der Rathaus-Apotheke ausgeführt.

In den Stunden der Not zeigten sich Freundschaft und Kollegialität: „Die Kollegen der drei Apotheken im Ort haben spontan die Notdienste übernommen. Ich habe von allen Seiten viel Trost und Verständnis erfahren.“ Bis zum 6. April 2019 darf der Verwalter die Rathaus-Apotheke weiterführen. „Wir haben vier PTA und einen Apotheker. Das Unternehmen wäre eine Chance für einen jungen Apotheker“, sagt Philipp.

Die Ärztehaus-Apotheke liegt im Zentrum von Treuchtlingen, einem Städtchen mit rund 13.000 Einwohnern im Altmühltal. „Das Haus wurde im Jahr 2003 neu gebaut, die Apotheke ist hell und freundlich“, erzählt Philipp. „Im Ärztehaus gibt es fünf Ärzte, rund 60 Meter entfernt noch zusätzlich einen Kinderarzt. Und rund 80 Meter entfernt praktiziert eine Allgemeinarztpraxis mit zwei Ärzten.“ Die Bedingungen sind also ideal. Weitere Gründe, die für Treuchtlingen sprechen: „Wir haben hier viele Freizeitmöglichkeiten, die fränkische Seenplatte liegt vor der Haustür, man kann wandern, Fahrrad fahren. In Treuchtlingen hat man viel Natur und trotzdem gleichzeitig eine Stadt. Für junge Familien ist die Stadt ideal. Und Ingolstadt und Augsburg sind jeweils nur 50 Kilometer entfernt, Nürnberg 60 Kilometer. Die Apotheke läuft gut: Man muss sich nur reinstellen und anfangen!“

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