Transplantationsmedizin

Organspende-Skandal: Erster Arzt verhaftet dpa, 12.01.2013 17:11 Uhr

Berlin - 

Erstmals hat die Justiz im Organspende-Skandal einen Arzt verhaftet. Ein halbes Jahr, nachdem entsprechende Fälle am Uniklinikum Göttingen bekanntwurden, erließ das Amtsgericht Braunschweig einen Haftbefehl gegen den früheren leitenden Transplantationsarzt. Das teilte die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit. Der 45-Jährige, der in seiner Göttinger Wohnung festgenommen wurde, sitze wegen Fluchtgefahr in Untersuchungshaft, sagte eine Sprecherin. Der Arzt habe zwar einen deutschen Pass, stamme aber aus dem arabischen Raum.

Der Mediziner soll auch am Uniklinikum Regensburg Patientendaten manipuliert haben. Er ist der erste Arzt in einer Reihe von aktuellen Organspende-Skandalen, der strafrechtlich belangt werden könnte. Neben Regensburg sollen Mediziner auch an den Unikliniken in München und Leipzig gegen Richtlinien zur Organvergabe verstoßen haben.

Dem Göttinger Mediziner werde Körperverletzung mit Todesfolge in einem Fall, versuchter Totschlag in neun Fällen sowie schwere Körperverletzung vorgeworfen, sagte die Behördensprecherin. Er soll vorsätzlich falsche Gesundheitsdaten von neun Patienten an die Vergabe-Organisation Eurotransplant gemeldet haben. Er hat die Patienten den Ermittlern zufolge fälschlicherweise als Dialyse-Fälle ausgegeben. Der Anwalt des Arztes hatte die Vorwürfe gegen seinen Mandanten in der Vergangenheit wiederholt zurückgewiesen. Er war am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Das Handeln des Arztes habe die Patienten auf der Warteliste für Spenderlebern nach oben gerückt. Die hätten so bevorzugt Organe erhalten, heißt es weiter in den Vorwürfen. Als Folge hätten andere lebensbedrohlich erkrankte Patienten keine Spenderorgane bekommen. Sie seien möglicherweise deshalb gestorben. Der Arzt habe dies zumindest billigend in Kauf genommen.

Zudem bestehe der dringende Verdacht, dass der Mediziner einer Patientin in Göttingen trotz einer gefährlichen weiteren Vorerkrankung eine Spenderleber übertragen habe, obwohl dies medizinisch nicht erforderlich war. Die Patientin sei an den Folgen der Transplantation gestorben. Einem weiteren Patienten habe der Arzt eine Leber übertragen, obwohl dies ebenfalls nicht erforderlich gewesen sei. Der Mann sei später gestorben.