Unbekannte haben das Haus des Landarztes Dr. Amin Ballouz attackiert. Der Angriff hat wohl einen fremdenfeindlichen Hintergrund, denn vor der Tür lag ein Stein mit aufgemaltem Hakenkreuz. Nun ermittelt der Staatsschutz.
Seit vielen Jahren lebt und arbeitet der aus dem Libanon stammende Arzt in der Uckermark in Brandenburg. Anfang Januar wurde auf sein Wohnhaus ein Anschlag verübt. Ballouz wurde eigenen Angaben zufolge mitten in der Nacht von einem lauten Knall geweckt. Er sei allein in seinem Haus im Angermünder Ortsteil Frauenhagen gewesen. Der alte Bauernhof, den der Arzt vor rund drei Jahren gekauft hat, liegt etwas abseits am Feldrand.
„Zuerst habe ich mich gar nicht aus dem Schlafzimmer getraut“, erzählt Ballouz. Als er sein Schlafzimmer doch verließ, sah er, dass das Fenster im Wohnzimmer eingeschlagen worden war. Ballouz wagte sich sogar nach draußen, entdeckte aber niemanden. Von dem Täter oder den Tätern fehlte jede Spur. Im Schnee vor dem Haus habe er einen Stein gefunden, auf den ein Hakenkreuz gemalt war. Daraufhin habe er seine Nachbarn und die Polizei verständigt.
Zudem wurden die Reifen mehrerer Autos auf dem Hof zerstochen. Noch in derselben Nacht habe ein Nachbar Ballouz' zweiten Trabi repariert, der von dem oder den Angreifern offenbar übersehen wurde. Denn der Hausarzt ist dringend auf ein Auto angewiesen, um zu seinen Patienten zu kommen. Derzeit habe er drei Palliativpatienten, die auf dem Sterbebett lägen und seine Hilfe brauchten.
Nun ermittelt der polizeiliche Staatsschutz: „Da der Geschädigte nichtdeutscher Herkunft ist, wird geprüft, ob ein fremdenfeindliches Motiv der Tat zugrunde lag. Bislang konnte noch kein Tatverdacht gegen eine Person begründet werden“, teilte die Polizeidirektion Ost des Polizeipräsidiums Land Brandenburg mit.
Als 17-Jähriger floh Amin Ballouz vor 40 Jahren vor dem Bürgerkrieg im Libanon in die DDR. Er studierte Medizin, praktizierte in England und Schottland. Vor zehn Jahren zog es den heute 58-jährigen zurück nach Deutschland. 2010 ließ er sich in der Uckermark nieder. In Schwedt und Pinnow unterhält der Facharzt für Allgemeinmedizin zwei Praxen, fährt im Trabant dutzende Kilometer zu Hausbesuchen. An einem Nachmittag in der Woche behandelt er Flüchtlinge im Schwedter Flüchtlingsheim. Der Hausarzt ist in der Uckermark bekannt und beliebt. Oft wurde er schon in diversen Medien porträtiert. Ende 2015 ist sogar ein Buch über ihn erschienen.
Mit rassistische Anfeindungen sei er bisher nur einmal konfrontiert gewesen. Vor zwei Jahren hätten ihn Jugendliche vor seiner Schwedter Praxis abgepasst und einen Hund auf ihn gehetzt. „Die Polizei hat mich damals nicht ernst genommen“, erinnert sich der Allgemeinmediziner. Vor einigen Wochen habe jedoch das Landeskriminalamt ihm mitgeteilt, dass nun doch Ermittlungen wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung eingeleitet worden sind.
„Ansonsten habe ich die besten Beziehungen zu meinen Nachbarn und im Dorf. Überall werde ich immer freundlich und herzlich aufgenommen“, sagt Ballouz. Und doch: Das mulmiges Gefühl bleibe auch rund zwei Wochen nach dem Vorfall. Als der Angriff bekannt wurde, habe er viele SMS, E-Mails, WhatsApp-Nachrichten bekommen. Freunde, Kollegen und Patienten riefen ihn bis heute an und sicherten ihre Unterstützung zu.
Kommunalpolitiker und Kassenärztliche Vereinigung haben die Attacke auf den Landarzt scharf verurteilt. „Dieser Anschlag ist nicht akzeptabel“, teilte KV-Chef Dr. Hans-Joachim Helming mit. „Der Mann ist für unsere Region ein Segen. Er kümmert sich um Einheimische und Flüchtlinge. Er lebt seit Jahrzehnten bei uns“, sagte Landrat Dietmar Schulze (SPD).
„Es ist unvorstellbar, dass so ein wichtiger Mann in seinem privaten Umfeld bedroht wird. Da kann ich nur mit dem Kopf schütteln und mich distanzieren“, erklärte Schwedts Bürgermeister Jürgen Polzehl (SPD) gegenüber einer Lokalzeitung. Auch SPD-Fraktionsvize Dr. Karl Lauterbach verurteilte den Angriff auf den Landarzt: „NaziHohlköpfe vertreiben Ärzte. Selbst viel zu blöde f Studium. Wer will dahin?“, schrieb der SPD-Politiker etwas kryptisch auf Twitter.
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