Bonn

Großhandel soll zu Fuß liefern Katharina Lübke, 17.11.2014 12:38 Uhr

Berlin - 

Im Konflikt um die Nachmittagsbelieferung in der Bonner Innenstadt ruft ein neuerlicher Rückzieher der Stadtverwaltung die Apotheker zurück auf den Plan. Nachdem diese im August durchgesetzt hatten, dass der Großhandel offiziell auch nach 12 Uhr liefern darf, stellt die Stadt erneut den „unabweisbar notwendigen Bedarf“ in Frage und lässt die Fahrer zu Fuß laufen.

Im Sommer wollte die Stadtverwaltung den Lieferverkehr nachmittags unterbinden und verweigerte Ausnahmegenehmigungen für die Medikamenten-Lieferungen. „Apotheken müssen nicht zwangsläufig nachmittags beliefert werden; der Transport kann bis zum nächsten Morgen warten“, hieß es damals vom Straßenverkehrsamt. Die bis dato stillschweigende Duldung schien vorbei.

Die betroffenen Lieferanten, Hans Eduard Busch und Sohn Markus, die für die Großhändler Phoenix und Gehe an die Apotheken liefern, erstatteten sogar Anzeige gegen die Stadt. Bei einem Runden Tisch im August sagte der zuständige Ordnungsdezernent, Wolfgang Fuchs, den Apotheken dann doch Ausnahmegenehmigungen für die Fußgängerzone zu.

Nun soll den Kurieren plötzlich doch kein grundsätzliches Befahren der Innenstadt erlaubt werden: Im September beauftragte die Bezirksvertretung die Verwaltung damit, bei den Apothekern den „unabweisbar notwendigen Bedarf“ zu ermitteln und zugelassene Fahrtrouten auszuweisen. „Dadurch wird gewährleistet, dass alle Apotheken mit kurzen Fußwegen erreichbar sind und die Belastung der übrigen Fußgänger und vor allem der sehr stark belasteten Straßen ausreichend minimiert wird“, so die Stadt.

Ende Oktober informierte die Stadt Dr. Markus Reiz vom Apothekerverband Bonn-Rhein-Sieg über die neuen Pläne. Reiz, der selbst keine Apotheke in der Innenstadt führt, wurde es überlassen, die eigentlich betroffenen Apotheken über die festgelegten Routen zu informieren.

Für die Fahrer sind mit den vorgesehenen Routen Fußmärsche und andere Widrigkeiten verbunden. „Für die Lieferanten ist das eine Zumutung, sie haben teilweise sehr große Pakete zu tragen“, sagt Dr. Alexandra Raasch von der Münster-Apotheke. Um etwa die Hofgarten-Apotheke am Kaiserplatz zu beliefern, sollen die Lieferanten auf einer weiß markierten Sperrfläche Am Neutor vor dem Brunnen halten. Laut Straßenverkehrsordnung ist das verboten, unter anderem weil Linienbusse dort um die Kurve kommen müssen. Problematisch sei diese Lösung auch deshalb, weil sich andere Fahrer häufig nicht an das Verbot hielten und die Fläche zuparkten, so Raasch.

„Ich werde aus dem neuen Schreiben nicht schlau. Ich weiß nicht, was man von uns will“, sagt Raasch. „Nach dem Runden Tisch schien alles erledigt und gut. Wir dachten, das wäre durch, wir hätten uns durchgekämpft und die Stadt hätte anerkannt, dass Medikamente eine Ware besonderer Art sind. Nun soll doch noch einmal der unabweisbar notwendige Bedarf festgestellt werden.“

Sie vermutet, dass hinter dem neuerlichen Gesprächsbedarf der Bezirksbürgermeister Helmut Kollig (SPD) steht: „Beim Runden Tisch hat er sehr dagegen gewettert. Ich befürchte, dass es da eine Stimmungsmache gab.“ Kollig hatte damals bezweifelt, dass bis zu fünf Belieferungsfahrten pro Apotheke und Nachmittag in der Fußgängerzone nötig seien. Zwei seien ausreichend. „Denn richtige Notfälle gehen zum Arzt oder ins Krankenhaus“, sagte er laut General-Anzeiger.

Am 26. November steht die nächste Sitzung im Fall an. Die Apotheker treffen sich mit Fuchs als Vertreter für den Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD). „Ich kann nur hoffen, dass möglichst viele Betroffene teilnehmen. Ich weiß nicht, wie ich die Notwendigkeit der Belieferungen noch weiter beweisen soll, die Argumente sind die gleichen wie damals“, sagt Raasch.

Auf eine Friedenspflicht können die Apotheker nicht hoffen: Ein Auslieferungsfahrer der Hofgarten-Apotheke habe schon ein Knöllchen kassiert – laut Stadtverwaltung ein Versehen. Laut Raasch hat die Stadt angekündigt, keine Knöllchen bei Boten mehr auszustellen, bis feste Routen vorliegen und die Interimszeit vorbei ist.