Approbationsentzug

Arzt stolpert über 900 Fluninoc-Pillen

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Berlin -

In Niedersachsen hat ein Arzt seine Approbation verloren, nachdem er einem abhängigen Patienten in fünf Tagen 900 Tabletten eines Betäubungsmittels abgegeben hatte. Das OVG Lüneburg wies die Berufung des Mediziners zurück, mit der dieser den Widerruf anfechten wollte. Ein Strafverfahren wurde eingestellt.

Der Arzt behandelte den Patienten seit langem, im Herbst 2010 verordnete er ihm innerhalb einer Woche 900 Tabletten des Benzodiazepins Fluninoc (Flunitrazepam). Der Patient war laut Gericht viele Jahre von verschiedenen Betäubungsmitteln abhängig, darunter von Kokain und Heroin. Der Arzt habe von der langjährigen Abhängigkeit gewusst. Auch von dem Medikament war der Patient abhängig. Ein vorheriger stationärer Entzugsversuch hatte laut Gericht keinen Erfolg gebracht.

Der Patient nahm das verschriebene Medikament als sogenannten Beigebrauch zu Heroin. Dabei fiel er dem Gericht zufolge in eine stundenlange Ohnmacht. Der Arzt berief sich laut Gericht darauf, ausschließlich zum Wohle des Patienten handeln zu wollen. Er hatte offenbar beabsichtigt, dem Patienten mit den Tabletten einen über mehrere Monate dauernden eigenverantwortlichen Entzugsversuch im Ausland zu ermöglichen.

Doch der Patient konnte nicht einmal alle Rezepte einlösen: Vorher wurde er im Zuge von Auseinandersetzungen im Drogenmilieu aufgegriffen. Dabei war die ungewöhnliche Menge an Verordnungen aufgefallen. Gegen den Mediziner wurde zunächst ein Strafverfahren eröffnet, welches aber nun eingestellt wurde.

Der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA) widerrief trotzdem die ärztliche Approbation, weil sich der Arzt als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes erwiesen habe. Die Verordnung erscheine unter medizinischen Gesichtspunkten als untragbar.

Dagegen erhob der Arzt Klage vor dem Verwaltungsgericht Hannover, das diese im August vergangenen Jahres abwies. Und auch nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Widerruf der Approbation rechtmäßig. Durch die Verschreibung habe der Arzt seinen Patienten in die Gefahr ernsthafter Gesundheitsschäden gebracht. Er habe einen großen Medikamentenvorrat verschrieben, ohne dass die erforderliche ärztliche Überwachung des Entzugs gewährleistet gewesen sei.

Außerdem habe aufgrund des gleichzeitigen Konsums von Heroin die naheliegende Gefahr bestanden, dass es durch Wirkungsverstärkungen zu lebensbedrohlichen Zuständen komme. Nach der ihm bekannten „Drogengeschichte“ seines Patienten hätte sich der Arzt vergewissern müssen, dass ein Beigebrauch von Drogen nicht vorlag. Daneben habe er wesentliche Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts nicht beachtet. Revision zum Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat der Senat nicht zugelassen.

Immer wieder stehen Ärzte und Apotheker wegen Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz (BtMG) vor Gericht. Erst kürzlich verurteilte der Bundesgerichtshof (BGH) einen Apotheker aus Hessen zu sechs Jahren Haft und erteilte Berufsverbot. Der Angeklagte hatte ohne Rezept das Betäubungsmittel Rohypnol (Flunitrazepam) verkauft und Verordnungen im Wert von 1,6 Millionen Euro mit Krankenkassen abgerechnet, ohne Arzneimittel abgegeben zu haben.

Derzeit wird vor dem Amtsgericht Husum außerdem die Frage geklärt, ob ein Apotheker sich der Beihilfe schuldig gemacht hat. Laut Staatsanwaltschaft soll er in rund 1000 Fällen entsprechende Präparate nicht an die auf den Rezepten angegebenen Patienten, sondern an Dritte abgegeben haben. Außerdem soll er über mehrere Jahre hinweg mehr als 300 Kilogramm Lidocain verkauft haben.

Das Verfahren gegen den Apotheker war durch Ermittlungen gegen einen Arzt aus Nordfriesland in Gang gekommen, der seinen Patienten mehr Drogenersatzstoffe verordnet haben soll als zulässig. Gegen den Arzt wird vor dem Landgericht Flensburg ermittelt.

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