Bernburg

Bär-Apotheke: Apotheker-Gen vererbt Eugenie Ankowitsch, 17.04.2017 09:00 Uhr

Berlin - 

Die Pharmazie liegt den Wollmanns im Blut. Nach dem ersten Apotheker der Familie, Ulrich Wollmann, führten dessen Sohn Peter und seine Frau Rosemarie 35 Jahre lang die Bär-Apotheke in Bernburg. Vor knapp drei Jahren hat sein Sohn Jörg die Familienapotheke übernommen. Während Peter Wollmann die Apotheke erfolgreich durch Irrungen und Wirrungen von DDR- und Wende-Zeit führte, will sich Wollmann Junior um die Zukunft kümmern und setzt auf Digitalisierung.

Seit mehr als 120 Jahren gibt es die Bär-Apotheke in Bernburg. Am 1. Dezember 1895 wurde sie von Alwin von Wahl aus der Taufe gehoben. Im Jahr 1942, mitten im 2. Weltkrieg, pachtete Ulrich Wollmann, Großvater des jetzigen Inhabers, die Apotheke. Die nötigen finanziellen Mittel, um sie zu kaufen, hatte der in Königsberg geborene Apotheker damals nicht.

„Bis zur Wende gab es in Bernburg nur vier Apotheken, die Grüne, die Rote, die Blaue und die Bär-Apotheke, die nach dem Bernburger Wappentier benannt ist“, erzählt dessen Sohn, der 68-jährige Peter Wollmann. Er hat im Haus, in dem sich die Apotheke befindet, nicht nur sein ganzes Leben lang hinter dem HV-Tisch gestanden, sondern ist dort auch aufgewachsen. Heute wohnt auch sein Sohn, der ebenfalls Apotheker ist, mit seiner Familie im Haus. „Wir haben kurze Wege. Wenn meine Frau und ich einmal beruflich sehr eingespannt sind, sind für Klara Oma und Opa gleich in der Nähe“, sagt Jörg Wollmann. Im Jahr 2015 hat er die Leitung der Bär-Apotheke übernommen.

Nach Großvater Ulrich und Vater Peter zog es auch den heute 41-Jährigen in die Apotheker-Branche. „Mein Vater hat nicht darauf gedrungen, dass ich Pharmazie studiere. Das wollte ich schon immer selbst machen“, sagt er. Wollmann hat genauso wie sein Vater an der Martin-Luther-Universität in Halle studieren. Die beiden hatten sogar mit Professor Peter Nuhn und Günter Peinhardt die gleichen Dozenten an Universität. Auch seine vier Jahre jüngere Schwester Annett ist Apothekerin und arbeitet derzeit in der Krankenhaus-Apotheke des Ameos-Klinikums.

Von 1949 bis zur Wende war die Bär-Apotheke eine staatliche Einrichtung, deren Leitung Peter Wollmann am 1. Juni 1979 von seinem Vater, der bis zu seinem Lebensende jeden Tag die Kundschaft bediente, übernahm. „Alle verpachteten Apotheken wurden von Anfang an verstaatlicht“, berichtet der Pharmazeut. „Die inhabergeführten folgten dann in den 70-er Jahren.“

Während der DDR-Zeit hatte die Bär-Apotheke als Kreisversorgungsapotheke einen besonderen Status und führte auch Arzneimittel, die sonst nur im Westen verfügbar waren. Dennoch standen vor der Wiedervereinigung lediglich 2000 Arzneimittel zur Verfügung.

Alle zwei Wochen wurden Arzneimittel geliefert, erinnert sich der Apotheker. „Solche Flexibilität wie heute, wo der Großhandel uns sogar mehrmals am Tag beliefert, gab es früher nicht.“ Manchmal dauerte die Wartezeit für bestimmte Präparate auch mal über einen Monat. „Zwar wurde die Bevölkerung auch damals im Großen und Ganzen ordentlich mit Arzneimitteln versorgt“, sagt der Pharmazeut. „Wir als Apotheker mussten uns aber deutlich mehr dafür anstrengen und manchmal auch erfinderisch sein.“

„Mit der Wende bot sich plötzlich die Gelegenheit, den Schritt in die Selbstständigkeit zu wagen“, erzählt Wollmann Senior. „Das war eine spannende und von vielen Veränderungen geprägte Zeit.“ Er und andere Apotheker aus der Region hätten aber viel Unterstützung von den Kollegen aus dem Westen und anderen Akteuren der Branche erfahren. Alle Apotheker aus der Gegend um Bernburg, die damals den Schritt in die Selbstständigkeit wagten, hätten es bis heute nicht bereut und seien mit ihren Apotheken nach wie vor erfolgreich. „Ich habe es immer als Geschenk empfunden, dass ich auch nach der Wende meinen Beruf ausüben konnte. Viele Menschen hatten dieses Glück nicht.“

Nach der Wiedervereinigung wurde die Bär-Apotheke komplett umgebaut und vergrößert. Die Technik hielt Einzug. Statt 2000 Arzneimittel hat die Apotheke heute rund 6000 Medikamente vorrätig. Doch manch ein Mittelchen, das es bereits in der ehemaligen DDR gab, ist heute noch bei der Kundschaft sehr beliebt. „Pulmotin oder auch Pyolysin sind nach wie vor Renner“, meint Jörg Wollmann. „Auch Fagusan erfreut sich bei Müttern großer Beliebtheit.“

Nun will der Apotheker die Bär-Apotheke für die Zukunft aufstellen und setzt dabei auf Digitalisierung. „In Zeiten des Online-Handels müssen wir konkurrenzfähig bleiben und die Apotheke vor Ort krisenfester machen“, sagt er. Bisher hätten die Kunden der Apotheke zwar die Möglichkeit, Medikamente über die Homepage vorzubestellen, aber beispielsweise nicht per Whatsapp. „Da müssen und werden wir noch mehr tun“, sagt Wollmann. Schließlich sei Digitalisierung das große Thema der Zukunft.