Berliner Sparkasse umwirbt Apotheker in Gala Lothar Klein, 14.05.2019 12:20 Uhr
Bislang hat die Deutsche Apotheker- und Ärztebank (Apobank) den Markt der Apothekenfinanzierung fest im Griff. In Berlin ist die Sparkasse ins Geschäft eingestiegen und umwirbt den pharmazeutischen Nachwuchs mit einem Leitfaden zur Übernahme oder Gründung einer Apotheke. Ausgerechnet im People-Magazin Gala schaltet die Sparkasse dafür eine Anzeige: „Berliner Sparkasse – Eigene Apotheke eröffnen: Gründen oder Übernehmen?“ Außerdem wartet die Sparkasse mit überraschend positiven Argumenten auf.
Nach Ansicht der Sparkassen lohnt sich die Eröffnung einer Apotheke „gerade jetzt“. Als Kronzeuge dafür dient ausgerechnet die ABDA: „Laut der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände versorgen derzeit knapp 20.000 öffentliche Apotheken die Menschen in Deutschland mit Arzneimitteln. Doch während der Bedarf konstant bleibt, nimmt die Zahl von Apotheken immer weiter ab. Deshalb bieten sich gerade jungen Apothekern derzeit gute Rahmenbedingungen für den Aufbau einer eigenen Apotheke“, stellt die Sparkassen die Argumentation auf den Kopf.
Denn anders als die Sparkasse sorgt sich die ABDA seit um die Fortsetzung des Apothekensterbens wegen der verschlechterten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen und der Befürchtung, dass der Arzneimittelversandhandel nach dem OTC-Markt mit der Einführung des E-Rezepts auch das Rx-Geschäft erobert. Solche Überlegungen teilt die Sparkasse offenbar nicht. Sie setzt stattdessen auf die demografische Lawine: „Mehr als 35 Prozent der Apothekeninhaber sind älter als 55 Jahre. In den kommenden Jahren werden demnach viele Apotheken zum Verkauf beziehungsweise zur Übernahme bereitstehen. Die Möglichkeiten, eine Apotheke zu übernehmen, sind daher groß.“
Experten sprächen sogar von einem Wandel hin zu einem Käufermarkt und deuteten damit auf günstige Preise für gute Apotheken hin. Für junge Apotheker, die eine Apotheke eröffnen möchten, sei die Übernahme eines bestehenden Geschäfts demnach „besonders attraktiv“. Und ein Blick auf das Apothekenumfeld in Deutschland zeige: 83 Prozent der Apotheker entschieden sich, in ein bereits laufendes Geschäft einzusteigen – und profitierten so von zahlreichen Vorteilen. Von die häufigen Klagen über die Probleme einen Nachfolger zu finden, steht bei der Sparkasse nichts.
Als Vorteile einer Fortführung sieht die Sparkasse die Übernahme des bestehenden Kundenstamms. Auch „laufende Rezeptverträge“ könnten fortgeführt werden. Was die Sparkasse damit meint, ist unklar. Außerdem verfüge man bei einer Übernahme bereits zum Start über ein Team, das die Kunden und betriebsinternen Abläufe kenne. Wenn man seine „Hausaufgaben“ bei einer Übernahme gemacht habe und in eine gut laufende Apotheke einsteige, bestehe nur ein „verhältnismäßig geringes wirtschaftliches Risiko“.
Für Pharmazeuten mit „eigenen Ideen“ empfehle sich aber eine eigene Apotheke zu eröffnen – vor allem, wenn man selbst „klare Vorstellungen und Wünsche“ habe, empfiehlt die Sparkasse. Denn oftmals sei es schwer, bestehendes Apothekenpersonal für Veränderungen zu begeistern, da Werte und Verhaltensmuster seit Jahren bestünden. Für Pharmazeuten mit Lust „auf frischen Wind, neue innovative Konzepte und Veränderungen“ sei es häufig ratsamer, eine neue Apotheke zu eröffnen. Gleichzeitig könne man auf diesem Wege neue attraktive Standorte erschließen. Achten sollten Gründer auf „Frequenzbringer“ wie neu niedergelassene Ärzte, andere stark frequentierte Geschäfte oder öffentliche Plätze. Bei einer Gründung seien sehr viele Aspekte zu beachten. Daher bietet die Sparkasse seine Spezialisten des „Heilberufe-Teams“ an.
Allzu viele Sorgen müssten sich Gründer nicht machen, verspricht die Sparkasse: Denn Statistiken belegten, dass lediglich zehn Prozent der Apotheken aufgrund von Insolvenz schließen. Existenzgründungen im Bereich der Apotheken seien aus wirtschaftlicher Perspektive demnach als sicher einzustufen. „Während die durchschnittlichen Kosten einer Apotheken-Neugründung im Schnitt bei 480.000 Euro liegen, werden bei der Übernahme einer Apotheke durchschnittlich 385.000 Euro investiert“, schreibt die Sparkasse und hat noch folgenden Hinweis parat: „Wenn Sie eine Apotheke übernehmen, kalkulieren Sie auch hier nötige Investitionen für Betriebsmittel – beispielsweise aktuelle Kassen- und Sicherungssysteme – oder für Renovierungen ein. Im Schnitt geben deutsche Apotheker dafür zusätzlich zwischen 86.000 und 101.000 Euro aus. Darin inbegriffen ist meist auch das noch bestehende Warenlager des Vorgängers. Unter Berücksichtigung dieser Kosten seien Neugründung und Übernahme in etwa gleich teuer. Aus finanzieller Sicht könne daher weder die Neugründung noch die Übernahme als attraktiver eingestuft werden.