Berlin

Mord in Charité: Schütze war verzweifelt

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Berlin -

Menschen kommen eigentlich in Krankenhäuser, weil sie Hilfe suchen. In Berlin betrat nun ein Patient ein Krankenhaus und verbreitete Gewalt und Tod. Am Montag war der Patient schon einmal in der Ambulanz, traf seinen Arzt aber nicht an. Am Dienstag kommt er erneut – und gibt im Behandlungszimmer sofort mehrere Schüsse auf den Mediziner ab. Der 55-Jährige schleppt sich noch in den Nebenraum und bricht dort zusammen. Der 72-jährige Patient erschießt sich noch im Behandlungsraum.

So schildert die Klinikleitung der Berliner Charité den Horror, der sich am Dienstag im Campus Benjamin Franklin der renommierten Universitätsklinik im Bezirk Steglitz-Zehlendorf abgespielt hat. „Es war wohl weniger Rache als Verzweiflung“, sagt der Ärztliche Direktor Prof. Ulrich Frei, als die Klinik am Abend mit großer Besetzung zur Pressekonferenz lädt.

Genaue Angaben zum Motiv gibt es wegen der ärztlichen Schweigepflicht nicht. Doch so viel ist sicher: Der behandelnde Arzt war ein ausgewiesener Fachmann für Tumore im Mund- und Kieferbereich, der Patient war – wohl mit einer schwerwiegenden Erkrankung – schon lange bei ihm in Behandlung und bereits von ihm operiert worden.

Für das Krankenhaus ist der Schock groß, als gegen 13 Uhr die Schüsse durch das Haus hallen. Unwillkürlich denken viele Menschen an Terroristen oder Amokläufer. Zu präsent sind in diesen Tagen die Nachrichten aus Nizza, München, Ansbach oder von der jüngsten Geiselnahme in Frankreich. Knapp zwei Stunden vergehen nach dem ersten Alarm, dann teilt die Polizei über Twitter mit: „Wir haben derzeit keine Hinweise auf einen terroristischen Hintergrund der Tat.“

In der Klinik rangen die Ärzte derweil um das Leben ihres Kollegen – vergeblich. Er war seit 22 Jahren an der Charité, hatte dort auch studiert und arbeitete in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie. Als der Täter am Dienstag kam, war zunächst noch eine weitere Ärztin mit im Behandlungsraum. Sie erlitt einen Schock.

Der Alarm war gegen 13 Uhr bei der Polizei eingegangen. Umgehend wurde ein Spezialeinsatzkommando (SEK) losgeschickt. Das große Gebäude wurde zum Teil abgeriegelt. Ein Angestellter im Krankenhaus berichtete, dass die Klinikleitung alle Mitarbeiter über Schüsse informiert habe und die Menschen aufforderte, in ihren Räumen zu bleiben und die Türen abzuschließen.

Ein Patient erzählte später, er habe gerade in der Notaufnahme gesessen, als plötzlich Ärzte und Pflegepersonal wegen eines Notfalls abgezogen wurden. Kurz darauf seien Polizisten mit Maschinenpistolen erschienen und hätten die Notaufnahme geräumt. Eine ältere Frau berichtete, dass sie eigentlich ihren Vater besuchen wollte, aber dann schnell aus dem Gebäude gewiesen wurde.

Patienten, Krankenschwestern, Pfleger, Ärzte und anderes Personal versammelten sich vor dem großen Bau aus den 60er Jahren mit 900 Betten. Die Stimmung war gedrückt, zunächst wusste niemand Genaueres. Vor dem Gelände standen mindestens 20 Fahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten.

Die schwer bewaffneten und maskierten Polizisten des Spezialeinsatzkommandos verließen das Krankenhaus aber schnell wieder. Gegen 14.15 twitterte die Polizei: „Lage am Campus Benjamin Franklin in Steglitz ist unter Kontrolle. Unsere Kolleg. sind vor Ort. Es besteht zur Zeit keine Gefahr.“ Die Polizei betonte, angesichts der Ereignisse der letzten Zeit, sei es besonders wichtig, Gerüchte zu vermeiden.

Berlins Gesundheitssenator Mario Czaja (CDU) sprach von einer unfassbar niederträchtigen und grausamen Tat. „Sie macht uns alle tief betroffen.“ Die Charité teilte mit, die Angehörigen seien verständigt worden. Man trauere mit ihnen. Der Arzt hinterlässt eine Frau und zwei minderjährige Kinder.

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