Behandlungsfehler

Medizinstudent verurteilt

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Berlin -

Zwei Jahre nach dem Tod eines Babys durch eine falsch verabreichte Spritze hat das Landgericht Bielefeld einen Mediziner auch in zweiter Instanz wegen fahrlässiger Tötung verurteilt. Der damals 29 Jahre alte Student im Praktischen Jahr (PJ) hätte das Unglück mit einer Nachfrage verhindern können, sagte Richter Wolfgang Lerch.

Der Student, der gerade eine Woche auf der Station gewesen sei, hatte einem zehn Monate alten Kind ein Antibiotikum aus einer unbeschrifteten Spritze nicht oral, sondern über einen Venenkatheter verabreicht. Eine Schwester hatte die Spritze im Krankenzimmer auf einen Nachttisch gelegt – die Mutter sollte ihrem Kind das Medikament in den Mund träufeln. Das Baby erlitt einen allergischen Schock und war dreieinhalb Stunden später tot.

Der ausgebildete Rettungssanitäter und Medizinstudent habe die Krankenakte des Jungen nicht gekannt und auch die Morgenübergabe auf der Station verpasst, so Lerch. Zudem sei die Spritze entgegen der sonst üblichen Praxis für intravenöse Gabe nicht beschriftet gewesen. Erst am Tag nach dem Unglück habe das Krankenhaus sein Spritzensystem in der Kinderkrebsstation auf unverwechselbare Spritzen umgestellt. Diese „Organisationsproblematik“ habe das Gericht in sein Urteil einbezogen. Inzwischen ermittelt die Staatsanwaltschaft Bielefeld auch gegen das Krankenhaus.

Das Gericht reduzierte die in erster Instanz verhängte Geldstrafe von 120 auf 90 Tagessätze. Der Betrag bleibt zwar gleich bei 1800 Euro – durch die geringere Tagessatzanzahl taucht die Verurteilung aber nicht mehr im Führungszeugnis des Arztes auf, die sonst ab 91 Tagessätzen vermerkt wird.

Die Entscheidung führt zur Verunsicherung unter den Medizinstudenten: „Das Urteil hat bei uns wie eine Bombe eingeschlagen“, sagt der Studiendekan der medizinischen Fakultät der Universität Münster, Dr. Bernhard Marschall. „Es stellt die ganze Praxis infrage.“ Der PJ-Student sei ein kleines Rädchen im Getriebe einer Klinik. „Da bekommt er täglich Aufträge, die nicht immer so formuliert sind, wie es ein Jurist gerne hätte.“

Kristian Otte, Vorsitzender der Medizin-Studierenden im Hartmannbund, kennt das Problem: „Es kann sein, dass man als Student im PJ Sachen machen soll, die man erst als Arzt alleine tun darf.“ Er empfiehlt den Studenten, Nein zu sagen.

Leichter gesagt als getan, findet Marschall. Den jungen Leuten werde eingetrichtert, auf Ärzte und Pflegepersonal zu hören. Zudem würden sie als günstige Arbeitskräfte eingesetzt. Und dann sollten sie vor jedem Handgriff immer erst den vorgesetzten Arzt fragen oder in der Krankenakte blättern? Für die Studenten ein Dilemma.

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