Der Trend zu nachhaltigen Produkten wird immer größer. Statt auf Einwegbecher aus Plastik setzen viele daher auf nachhaltige Varianten aus einem Bambus-Mix. Doch gesund ist das Geschirr offenbar nicht – die Verbraucherzentralen warnen vor enthaltenen Schadstoffen und fordern einen bundesweiten, öffentlichen Rückruf.
Die Warnung der Verbraucherzentralen ist deutlich: Becher und anderes Geschirr, das aus einem Mix aus Kunststoff und Bambus-, Reis-, Weizenfasern oder Maisstärke besteht, soll nicht weiter für Lebensmittel und Getränke verwendet werden. Bei der Verwendung könne es zum Austritt von gesundheitsschädlichen und krebserregenden Stoffen kommen.
Vor allem in Kombination mit heißen Lebensmitteln kann potenziell krebserregendes Formaldehyd freigesetzt werden. Austretendes Melamin kann außerdem Niere und Blase schädigen. Bambusgeschirr ist grundsätzlich nicht für den Kontakt mit Lebensmitteln zugelassen – deshalb darf es eigentlich nicht verkauft werden. Ausgenommen davon sind reine Bambus-Produkte wie Ess-Stäbchen oder Schneidebretter.
Der Unterschied lässt sich leicht erkennen: Reine Bambusprodukte weisen eine deutliche Holzmaserung auf. Außerdem sind sie hell- bis dunkelbraun gefärbt. Die Mix-Produkte hingegen sind matt und häufig bunt eingefärbt oder bedruckt. Bambuspulver wird hier oft als Füllstoff eingesetzt – die Holzstruktur ist daher nicht mehr zu erkennen.
„Das Problem mit den Bambusbechern ist schon seit einiger Zeit bekannt. Bereits 2014 meldete das CVUA Stuttgart Grenzwertüberschreitungen bei solchen Produkten“, erklären die Verbraucherzentralen. Auch Stiftung Warentest konnte 2019 zeigen, dass bei den meisten To-Go-Bechern mit Bambusanteil Schadstoffe in Getränke übergehen. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und die Verbraucherzentralen fordern daher Behörden und die Bundesregierung auf, Verbraucher:innen besser zu informieren und die Produkte öffentlich und flächendeckend zurückzurufen.
Ende 2020 wurden bereits viele der Produkte von den Überwachungsbehörden vom Markt genommen – doch noch immer sind nicht alle verschwunden. Denn der Markt für nachhaltige Produkte ist groß. Vor allem online stoße man noch immer auf zahlreiche, vermeintlich sichere Angebote, erklärt der vzbv. „Die potenziell schädlichen Produkte sind weiterhin in Geschäften oder im Internet erhältlich.“ Der Verkauf ist jedoch illegal.
„Es ist ein Skandal, dass der Handel Verbraucher:innen weiterhin illegales und potenziell krebserregendes Plastik-Geschirr mit Bambus-, Reis- oder Weizenfasern anbietet. Der Bundesregierung und den Bundesländern ist spätestens seit Juni 2020 bekannt, dass der Verkauf illegal ist. Es gibt bisher weder einen bundesweiten Rückruf der betroffenen Produkte noch klare öffentliche Informationen dazu. Das ist ein Versäumnis, das die Gesundheit der Verbraucher:innen gefährdet. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit sollte schnellstens koordinierend tätig werden,“ erklärt Klaus Müller, vzbv-Vorstand.
Wer dennoch nicht auf umweltfreundliche To-Go-Alternativen verzichten will, sollte auf Mehrweggeschirr aus Edelstahl, Glas und Porzellan setzen. Als Deckel sind auch Verschlüsse aus Polypropylen geeignet. Von reinem Melamingeschirr rät die Verbraucherzentrale ebenfalls ab: Es neige auch ohne den Zusatz von pflanzlichen Fasern unter bestimmten Bedingungen zur Freisetzung von Melamin und Formaldehyd – beispielsweise bei der Verwendung in Kombination mit heißen Getränken oder Speisen. Geschirr aus Melamin-Formaldehydharz lässt sich manchmal an dem Kürzel „MF“ erkennen. „Eine Pflicht zur Materialkennzeichnung gibt es für Lebensmittelkontaktmaterialien aber leider nicht.“
APOTHEKE ADHOC Debatte