Heute knapp 6 Millionen betroffen

Bald 7,6 Millionen pflegebedürftige Menschen

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Berlin -

Die Zahl sehr alter und pflegebedürftiger Menschen könnte in Deutschland in den kommenden 25 bis 30 Jahren deutlich um mehrere Millionen steigen. Das geht aus dem neunten Altersbericht der Bundesregierung hervor, über den das Bundeskabinett am Vormittag beraten hat. Er untersucht auf 250 Seiten die Lebenssituation älterer Menschen und betrachtet dabei unter anderem Einkommen, Wohnsituation und mögliche Armutsgefährdung.

Dem Bericht zufolge wird die Zahl der über 80-Jährigen voraussichtlich von heute rund 6 auf 8 bis 10 Millionen im Jahr 2050 steigen. Da der Anteil pflegebedürftiger Menschen in dieser Altersgruppe höher sei, müsse mit einer erheblichen Zunahme des Pflegebedarfs gerechnet werden. „Bis zum Jahr 2055 wird altersübergreifend ein Anstieg der Anzahl pflegebedürftiger Menschen auf 7,6 Millionen erwartet“, heißt es. 2023 lag die Zahl nach Angaben des Statistischen Bundesamts vom Dezember bei etwa 5,7 Millionen.

Bundesseniorenministerin Lisa Paus (Grüne) betonte, dass es nötig sei, die Entwicklung mit politischen Maßnahmen abzufedern. So sei es etwa mit Blick auf die Zukunft der Pflege dringend nötig, eine Lohnersatzleistung für Menschen zu beschließen, die andere im häuslichen Bereich pflegten. Eine solche Ersatzleistung, die mit dem Elterngeld für die Betreuung von Kindern vergleichbar wäre, blieb die gescheiterte Ampel aus SPD, Grünen und FDP trotz häufiger Ankündigungen schuldig.

Expertin hofft auf künftige Bundesregierung

Die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), Regina Görner, wies darauf hin, dass es im Interesse einer jeden künftigen Bundesregierung sein müsse, Menschen, die andere freiwillig zu Hause pflegten, zu unterstützen. Der Bedarf an professionellen Pflegekräften werde weiter steigen, die Entwicklung sei ohne die Unterstützung von Pflegenden im häuslichen Bereich kaum aufzufangen, erklärte Görner. Sie könne nur an die künftige Regierung appellieren, die Belange älterer Menschen auf die Tagesordnung zu setzen. Bislang habe sie nicht das Gefühl, dass sie Priorität genössen.

Seniorenministerin Paus wies auf bestehende, teils gravierende Ungleichheiten bei der gesellschaftlichen Teilhabe älterer Menschen hin. Insbesondere Frauen, Menschen mit Migrationshintergrund und Queere erlebten im Alter die größte Benachteiligung. Entsprechende Anzeigen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes hätten im Jahr 2023 um 70 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zugenommen, sagte Paus. Ausgrenzung erlebten auch Menschen, die in Armut oder prekären Wohnverhältnissen lebten oder die physisch oder psychisch krank seien. „Alle älteren Menschen müssen die gleichen Chancen auf Teilhabe haben, unabhängig von Geschlecht, Herkunft oder sozialer Lage“, forderte sie.

Viele ältere Menschen sind armutsgefährdet

Zur Teilhabe gehöre auch das verfügbare Einkommen, betonte Paus. Laut Bericht haben sich die Alterseinkommen insgesamt positiv entwickelt. Der Großteil der Rentner sei in finanzieller Hinsicht zufriedenstellend versorgt, hieß es. Dennoch wachse das Armutsrisiko im Alter und sei „stark weiblich“, erklärte Paus. 17 bis 19 Prozent der über 65-Jährigen gelten dem Bericht zufolge als armutsgefährdet, die Quote ist inzwischen höher als in der Gesamtbevölkerung (16 bis 17 Prozent). Das sei neu.

Alleinstehende Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit hätten sogar ein Altersarmutsrisiko von 41 Prozent, betonte Martina Brandt, Vorsitzende der Kommission, die den Altersbericht erarbeitet hat. „Wenn wir nichts tun, wird die Ungleichheit steigen.“ Konkret nannte Paus die bessere finanzielle Absicherung von Menschen mit unterbrochenen Erwerbsverläufen als Maßnahme, die die künftige Bundesregierung anpacken müsse.

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