Ernährungslehre

Ayurveda als Ernährungskonzept

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Prien am Chiemsee -

Ob Massagen oder Kuren – bei Ayurveda denken die meisten an Wellness. Teil der Idee ist aber auch eine ausgeklügelte Ernährungslehre. Die mag sich auf den ersten Blick kompliziert anhören. Wer sich aber einfach an den Grundprinzipien orientiert, kann auch ohne viel Tamtam davon profitieren.

Ursprünglich bedeutet Ayurveda „Wissen vom Leben“, erklärt Ayurveda-Koch und Autor Nicky Sitaram Sabnis. Es geht um gesunde Lebensführung, Heilkunst und Ernährungslehre. Ayurveda-Gesundheitsberater Volker Mehl vergleicht die Lehre mit einem Energiesparmodell. Sie setzt auf warme Mahlzeiten, damit der Körper weniger Energie für die Verdauung aufwenden muss. Der Tag beginnt deshalb mit einem warmen Brei.

Außerdem wichtig: regelmäßig und in Ruhe zu essen. „Sonst verliert sich die Seele in dem ganzen Rumgerenne“, sagt Mehl. Er betont: In der ayurvedischen Ernährung geht es nicht um Verbote. Wer sich so ernähren möchte, soll aber um die Wirkung bestimmter Lebensmittel wissen.

Die ayurvedische Lehre geht nämlich davon aus, dass manche Nahrungsmittel nicht für jeden geeignet sind. Wer sich wie ernähren sollte, hängt von den sogenannten Doshas ab. Die Idee dahinter ähnelt der anderer traditioneller Gesundheitskonzepte wie der antiken Lehre der vier Säfte. Im Ayurveda sind es Bioenergien, die im Körper der Menschen wirken: die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha. Ihnen werden bestimmte Eigenschaften zugeschrieben – Vata etwa „kalt, leicht und trocken“.

Je nachdem, in Richtung welcher Dosha der Einzelne neigt, soll er der Lehre zufolge mit seiner Ernährung für Ausgleich sorgen. Überwiegt Vata bei jemandem, kann er beispielsweise süß und saftig essen, um diese Dosha etwas zu reduzieren. Letztlich geht es darum, ein Gleichgewicht zu schaffen.

Von diesem Konzept sind viele fasziniert, ist Volker Mehls Erfahrung. „Jeder will wissen: Was bin ich für ein Typ?“ Für ihn sei dies jedoch der zweite Schritt vor dem ersten. „Das ist genauso, als wenn man anfängt, Englisch zu lernen, und die erste Lektüre ist Shakespeare.“ Er rät dazu, klein anzufangen – zum Beispiel anders als in Deutschland üblich morgens schon ein warmes Frühstück zu sich zu nehmen.

Wer sich mit Ayurveda beschäftigt, sucht mitunter auch nach einer Lösung für ein gesundheitliches Problem. In Sabnis' Kochkurse kämen viele Menschen, die mit Unverträglichkeiten, Allergien oder Magen-Darm-Beschwerden zu kämpfen haben, sagt er. Vor mehr als 20 Jahren hatte er selbst eine Tumoroperation und weiß, was Krankheit bedeutet. Volker Mehl betont jedoch, dass Ayurveda nicht bei allen Problemen helfen kann. „Es gibt auch unheilbare Krankheiten. Ayurveda kann definitiv nicht zaubern.“

Wissenschaftlich belegt ist eine heilende Wirkung von ayurvedischer Medizin nicht, sagt der Ernährungsmediziner und Diabetologe Matthias Riedl. „Es gibt bei vielen Aspekten noch keine evidenzbasierten Beweise.“ Das sollte jedoch nicht davon abhalten, ayurvedische Ernährung oder Behandlungen auszuprobieren, sagt er.

Zu Vorsicht rät Riedl bei ayurvedischen Medikamenten. Bei ihnen müsse man einerseits auf die Dosierung, und andererseits auf die Herkunft achten. „Auch Pflanzen haben mitunter Nebenwirkungen“, betont er. Es seien schon nicht-zertifizierte Ayurveda-Medikamente aufgetaucht, die mit Schwermetallen belastet waren. Dass Kräuter und Gewürze bei bestimmten Symptomen helfen können, sei dagegen unbestritten: Ingwer beispielsweise hat sich gegen Entzündungen bewährt, Weihrauch wird bei rheumatischen Beschwerden eingesetzt.

Dass Ayurveda nicht unbedingt mit Verzicht und Askese zu tun hat, will Doris Iding vermitteln. Sie hat gemeinsam mit Markus Dürst und Johanna Wäfler das Buch „Sinnliche Ayurveda-Küche“ geschrieben. Darin beschäftigen sie sich unter anderem mit der anregenden Wirkung bestimmter Gewürze. Chili wirke sehr stimulierend, Safran gelte traditionell als Aphrodisiakum. „Früher sagte man, dass es sexuell enthemme.“ Auch Zimt und Vanille seien warme, anregende Gewürze.

Iding will zeigen, dass es in der ayurvedischen Ernährungslehre darum geht, Lebensmittel mit allen Sinnen zu genießen. Keine Zeit zu haben, lässt sie nicht als Ausrede gelten. „Wenn ich mich bewusst dafür entscheide, finde ich auch die Freiräume.“ Zeit, betont sie, ist generell eine der wichtigsten Zutaten für eine gesunde Ernährung. Unabhängig davon, welchem Konzept folgt, was auf den Teller kommt.

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