Schlaue Schnuller und mahnende Trinkflaschen – gute Produktideen zu Hilfsmitteln gibt es viele. Aber sie müssen auch bekannt sein. Das private Rechenzentrum AVP hat deshalb den Wettbewerb „HiMi-Scout 2015“ ausgeschrieben, bei dem Apotheker und ihre Teams innovative Ideen vorschlagen konnten. Gestern wurden in Düsseldorf die ersten Preisträger ausgezeichnet.
Den ersten Platz und damit eine viertägige Reise nach New York erhielt Apotheker Martin Beutling, Inhaber der Glocken-Apotheke in Oberhausen. Er hatte einen sogenannten Smart Pacifier entdeckt – einen Schnuller, der Fieber messen kann. Die Daten können direkt an ein Smartphone übermittelt und gespeichert werden.
„Ein wichtiger Aspekt ist die Einfachheit“, erklärt Beutling. Das „Gehirn“ des Schnullers sei im Smartphone, das Hilfsmittel daher in den USA schon für rund 30 Dollar zu haben. Bei der Elektronikmesse CIS in Las Vegas sei das Produkt Pacif-i von Bluemaestro erstmals vorgestellt worden.
Beutling kann sich vorstellen, solche Pacifier auch in seiner Apotheke zu verkaufen. Nützliche Nebenfunktion: Der Schnuller ist mit einem Summer ausgestattet, falls er einmal verloren geht. Dieser lässt sich mit dem Smartphone auslösen. „Aber am besten nicht, wenn das Kind den Schnuller gerade im Mund hat“, scherzt Beutling.
Auf Platz 2 landete Maria Högele aus der Apobelle-Apotheke in Essen – ebenfalls mit einem Produkt für die Kleinsten: Der „Sproutling Baby Monitor“ soll bei der Überwachung schlafender Babys helfen und so vor allem den plötzlichen Kindstod vermeiden. Ein Fußband um den Knöchel misst die Vitalwerte des Kindes und überträgt sie an ein Smartphone. Erfasst werden etwa Herzschlag, Hauttemperatur, Bewegung und Liegeposition des Babys. In den USA soll das Band bald auf den Markt kommen, Högele kann sich das Produkt gut auch in deutschen Apotheken vorstellen.
Den dritten Preis erhielt Murat Baskur, Inhaber der Petershauser-Apotheke in Konstanz. Er hatte einen Universalzähler für Dosieraerosole vorgestellt. Die meisten Produkte aus dieser Gruppe garantierten eine optimale Wirkstoffverteilung nur für 200 Hübe. Der Zähler sei unabhängig vom Hersteller anwendbar und könne zudem wiederverwendet werden. Die drei Preisträger erhielten Reisen nach New York, Istanbul oder Wien, jeweils gestiftet von MediPlus.
Ein Sonderpreis für eine Gruppeneinreichung ging an ein Team von der Hochschule Fresenius in Köln. Die Studenten Isabel Wickert, Tom Schneider und Stephen Lorenzen aus dem Team von Professor Dr. Jan Rommerskirchen erhielten den Preis für ihr Connected Dehydration Device. Der Trinkbehälter soll über dezente Licht- oder Tonsignale Rückmeldung über die bislang getrunkene Menge geben und so eine Dehydration vermeiden. Die Studenten erhielten den Sonderpreis und als Startkapital für die Entwicklung ihres Produkts 1000 Euro von AVP.
AVP-Chef Klaus Henkel wies auf die wachsende wirtschaftliche Bedeutung von Hilfsmitteln für Apotheken hin: „Kunden aus der Altersgruppe 50+ generieren schon heute mehr als 60 Prozent des Ertrages einer Apotheke – und diese Kunden haben Bedarf an Hilfsmitteln.“ Das Problem sei, dass innovative Produkte zu lange benötigten, um in die Erstattungsfähigkeit zu gelangen. Daher der Innovationswettbewerb, der im kommenden Jahr erneut durchgeführt werden soll. Auch Vodafone als Partner will an Bord bleiben.
In einer anschließenden Expertenrunde schilderte Apotheker Dr. Detlef Glass seine Erwartungen. Grundsätzlich glaubt der Inhaber von drei Apotheken in Berlin schon, dass Apotheken der richtige Ort sind, um innovative Hilfsmittel zu vertreiben: „Das Vertrauen in die Institution Apotheke ist da – und definitiv höher als gegenüber Mediamarkt oder Saturn.“
Allerdings müssten seine Kollegen immer auch die Apothekenbetriebsordnung (ApBetrO) im Blick behalten. „Wir dürfen nicht alles verkaufen, was wir möchten“, so Glass mit Verweis auf das apothekenübliche Sortiment. Laut ApBetrO müssen alle Waren in der Apotheke einen unmittelbaren Gesundheitsbezug haben. Die Grenzen seien relativ eng, so Glass, „und die Apothker werden von der Politik scharf beobachtet“.
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