Apothekensterben

Aus für „niedliche Apotheke“ in Achim

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Berlin -

Der Countdown läuft: Mitte Juni schließt die Sonnen-Apotheke im niedersächsischen Achim. Nach dem Tod des Apothekers im vergangenen Jahr übernahm ein Mitarbeiter. Alles schien sich zum Guten zu wenden. Jetzt entschied sich der Pharmazeut anders.

„Aus persönlichen Gründen“ gibt Tarlan Ali nun seine Tätigkeit auf, wie er gegenüber der „Kreiszeitung“ sagt. Die Besitzerin der Apotheke ist Seong-Ja Park-Lippert, die Witwe des im vergangenen Juni überraschend verstorbenen Apothekers. Nach 36 Jahren endet zum 15. Juni eine kleine Ära.

„Ich finde keinen Nachfolger“, sagt Park-Lippert gegenüber der Lokalzeitung. Junge Pharmazeuten hätten heutzutage wenig Neigung, eine anspruchsvolle und zeitraubende Aufgabe wie das Führen einer Landapotheke zu übernehmen. Standorte in der Großstadt seien gefragter als „hier auf dem Land“.

Dabei ist die Sonnen-Apotheke mit einem guten Standort gesegnet, es gibt einige Arztpraxen in der Nähe und eine treue Stammkundschaft. Als Tarlan Ali die Apotheke übernahm, war die Besitzerin erleichtert. „Es ist eine kleine, niedliche Apotheke mit netten Kunden“, sagte der Apotheker noch vor einigen Monaten. Für Ali, der aus Syrien stammt und seit 18 Jahren in Deutschland lebt, war die neue Aufgabe in der Sonnen-Apotheke der Sprung in die Selbständigkeit. Künftig will er in einer Apotheke in Bremen arbeiten.

 

Immer mehr Apothekeninhaber im ländlichen Raum geben auf oder sind mit ihrer Situation unzufrieden. Doch es gibt auch Gegenbeispiele, engagierte Apotheker, die dem Trend trotzen. Einer davon ist Ingo Schmonsees, der im niedersächsischen Landkreis Cuxhaven drei Apotheken betreibt. Er glaubt fest an die Bedeutung der Landapotheken, in den Chor des Jammers möchte er nicht einfallen.

Er sagt, dass es ein zunehmendes Bewusstsein der Menschen für die Bedeutung der Apotheken im kleinen Dorf gebe. „Sie werden nicht mehr als selbstverständlich betrachtet und mehr geschätzt“, betont er. „Die Leute haben eine enge Bindung zu 'ihrer' Apotheke und kommen von Kindesbeinen bis ins Alter hierher. Und sie wissen, dass das für das Bestehen der Apotheke wichtig ist.“ Es sei diese herzliche Rückmeldung, die ihn immer wieder für seinen Beruf motiviere. Er sagt: „Ich mache meinen Beruf immer noch gern und habe auch die Entscheidung, aufs Land zu gehen, nie bereut.“

Während in Achim die Apotheke schließt, kommt übrigens ein Großkonzern in den Ort: Amazon will in der Gemeinde ein Logistikzentrum eröffnen und hat 2000 Arbeitsplätzen versprochen. Während Kritiker den Ort für zu klein halten und vor Verkehrschaos warnen, hat der Ratsausschuss für Wirtschaft, Stadtentwicklung, Umwelt und Verkehr dem Bebauungsplan zugestimmt.

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