Apotheke Einswarden

Arzt und Apotheker: Eine Ampel für die Patientensicherheit

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Berlin -

Auf dem Weg vom Arzt zur Apotheke totgefahren zu werden, klingt wie ein geschmackloser Scherz. Im niedersächsischen Nordenham aber haben offenbar tausende Einwohner genau diese Befürchtung. Der ansässige Apotheker Dennis Jahn versuchte, etwas an der Situation zu ändern, und scheiterte an den Mühlen der deutschen Bürokratie. Doch in der gegenüberliegenden Arztpraxis fand er im Mediziner Dr. János Szabó fand er einen Verbündeten, der dem Engagement neuen Schwung gab. Fast 1600 Unterschriften von Patienten konnten sie bisher sammeln, die ihren Forderungen gegenüber der Kreisverwaltung Nachdruck zu verleihen.

Der Deutsche putzt brav Klinken bei der Bürokratie, sein ungarischer Kollege will derweil mit dem Volkswillen im Rücken für das Wohl der Gemeinschaft kämpfen: So könnte man Dennis Jahns Beschreibung der Mentalitätsunterschiede zusammenfassen. Jahn betreibt seit 15 Jahren die Apotheke Einswarden und hat in dieser Zeit schon so einige Zwischenfälle vor seiner Tür mitbekommen: Die Apotheke liegt direkt an einer vierspurigen Kreisstraße, die wegen der ortsansässigen Industrie ein hohes Aufkommen an LKW hat. Die wiederum parken auch gern direkt an der Straße. Das ist erlaubt, kann die Sicht auf die Straße aber empfindlich beeinträchtigen.

Und so war die Lange Straße, so ihr Name, in den zurückliegenden Jahren regelmäßig Ort kleinerer und manchmal auch größerer Unfälle. Vor längerer Zeit gab es wenig weiter gar einen Todesfall, wie sich Jahn erinnert. Erst vor zwei Wochen habe ihm eine Kundin erzählt, ihr Mann sei einmal an der Stelle schwer verletzt worden. „Es ist schon seit vielen Jahren so, dass die Situation im Grunde eine Zumutung darstellt“, sagt er. „Es wurde mir schon mehrmals angetragen, da etwas zu tun.“ Den Apotheker betrifft es noch umso mehr, weil sich gegenüber ein Ärztehaus mit sechs Praxen befindet. Hundertfach überqueren Patienten deshalb täglich die Straße, um zu ihm zu kommen.

Also wandte er sich an die Kreisverwaltung mit der Bitte, doch endlich etwas zu unternehmen. Er stellte einen Antrag – eine Ampel oder wenigstens ein Zebrastreifen müsse her. Doch es nützte nichts: Der Antrag wurde abgewiesen mit der Begründung, dass das Verkehrsaufkommen auf der Straße nicht hoch genug sei. Doch die Kreisverwaltung hatte ihre Rechnung ohne Dr. János Szabó gemacht, der seit Anfang 2018 seine Praxis im gegenüberliegenden Ärztehaus hat. „Herr Szabó kommt aus Ungarn und ist politisch viel aktiver als die allermeisten hier“, sagt Jahn. „Und das ist gut so, eigentlich müssten wir alle politischer werden.“

Denn Szabó regt die Situation genauso auf: Viele Patienten seien so krank, dass sie die Straße nun mal nicht „schnell wie ein Hase“ überqueren könnten, zitiert ihn die Nordwest-Zeitung. Außerdem seien viele kleine Kinder betroffen – es müsse also Vorsorge getroffen werden, bevor es zu schweren Unfällen kommt. Auch für Szabó selbst sei es einmal fast knapp geworden. „Ich musste ihn selbst schon einmal an der Schulter festhalten, weil ein LKW heran gerauscht kam, als wir gerade redend die Straße überquerten“, erzählt Jahn. „Ich weiß gar nicht, ob ihm das in dem Moment so bewusst war, aber für mich war das im Grunde ein Initiativmoment.“

Deshalb suchten sich Arzt und Apotheker mit dem SPD-Kreistagsabgeordneten Rainer Ziegler und Albert Mumme, dem Vorsitzenden des Nordenhamer Senioren- und Behindertenrates, zwei Verbündete und starteten eine Unterschriftenaktion, um ihren Forderungen Nachdruck zu verleihen. In der Apotheke und den sechs Praxen des Arzthauses legten sie Listen aus und erhielten dafür ein überraschend großes Echo. Innerhalb von etwas mehr als vier Wochen kamen fast 1600 Unterschriften zusammen, teilweise seien Patienten in die Apotheke gekommen, um von sich aus zu nachzufragen, wo sie unterschreiben können. „Ich bin überrascht, wie viele bereit sind, sich zu engagieren und ihre Daten hier zu lassen“, sagt Jahn.

Über den Abgeordneten Ziegler hat ihre „Initiative Pro Bedarfsampel“ nun auch einen Fürsprecher im Kreistag, der wiederum mit dem Begehren der betroffenen Patienten ein gutes Argument in Händen hält. Allzu optimistisch, dass es diesmal klappt, will sich Jahn dennoch nicht zeigen. „Wenn man die Trägheit der Politik betrachtet, mache ich mir nicht allzu viele Hoffnungen“, sagt er. „Auf der anderen Seite bin ich sehr neugierig, weil Herr Szabó es anders angeht, der ist so ein kleiner Revoluzzer. Ich stelle meinen Antrag bei der Stadtverwaltung, der wird dann dort diskutiert und abgelehnt. Er hingegen sagt ‚Nein, wir müssen das Volk auf unsere Seite holen und so unsere Ziele durchsetzen!‘“

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