TK: Senioren bekommen oft falsche Medikamente APOTHEKE ADHOC, 14.10.2015 13:16 Uhr
Fast jedem fünften Senior werden häufig falsche Medikamente verordnet. Sogenannte Priscus-Medikamente sind über bei 65-Jährigen nur eingeschränkt zu empfehlen, da die Wirkstoffe aufgrund des im Alter langsameren Stoffwechsels nicht gut aufgenommen oder abgebaut werden können. Gefährliche Neben- oder Wechselwirkungen können die Folge sein, was etwa zu Nierenschäden oder Magenblutungen führen kann.
Zu diesem Ergebnis kam eine Studie des Wissenschaftlichen Instituts der Techniker Krankenkasse (TK) für Nutzen und Effizienz im Gesundheitswesen (WINEG). Demnach erhielten allein 2012 etwa 1,8 Millionen Menschen ab 65 Jahren kritische Arzneimittel. Das entspricht einem Anteil von 18,9 Prozent.
Die Studie verglich die Daten von 2012 mit denen von 2008. Vier Jahre zuvor lag der Anteil der Senioren, die ein oder mehrere Rezepte mit einem potenziell gefährlichen Wirkstoff bekamen, sogar noch höher bei 21,7 Prozent. Auch bei einer Auswertung der Jahre 2011 und 2013 stellte die TK fest, dass jeder sechste Deutsche über 65 ein Priscus-Medikament eingenommen hat.
„Trotz des leichten Abwärtstrends werden nach wie vor viel zu viele kritische Medikamente verordnet“, sagt Dr. Frank Verheyen, Leiter des WINEG. Das Verordnungsverhalten der Ärzte habe sich offenbar nicht grundlegend verändert. Dabei ist 2010 die sogenannte Priscus-Liste erschienen, auf der 83 für Senioren potenziell gefährliche Wirkstoffe und Alternativen stehen.
Die Studie zeigte, dass der Anteil an Priscus-Verordnungen bei erwachsenen Patienten unter 65 Jahren sogar insgesamt niedriger ist als in der gefährdeten Generation 65 plus. Nur in einzelnen Therapiegebieten würden Ärzte bei Älteren riskante Mittel vermeiden, darunter Herzrhythmusstörungen und Angsttörungen. Bei Durchblutungsstörungen in den Beinen sowie Depressionen erhielten Senioren dagegen häufiger Priscus-Medikamente als unter 65-Jährige.
Niedergelassene Ärzte erhalten seit 2010 mit dem TK-Arzneimittelreport Informationen zur Priscus-Liste. Der Report enthält eine Übersicht, die dem Arzt zeigt, welche Medikamente er den TK-Versicherten im zurückliegenden Quartal verordnet hat. Wenn der Arzt einem Patienten über 65 Jahre ein Priscus-Medikament verschrieben hat, wird ihm ein Hinweis angezeigt. Die TK informiert auf Nachfrage auch ihre Versicherten, ob ihnen in den vergangenen zwei Jahren Priscus-Präparate verordnet wurden.
Besserung ist mit dem E-Health-Gesetz in Sicht: Mit dem Medikationsplan sollen gefährliche Verschreibungen und Wechselwirkungen erkannt und vermieden werden. Die Apotheker sind bei der Erstellung des Plans bislang nicht vorgesehen. Auch in den Änderungsanträgen der Regierungsfraktionen kommen die Apotheker nicht vor. Der Bundesrat hatte zuvor eine Einbindung der Pharmazeuten gefordert, was aber von der Regierung abgelehnt worden war.