An diesem Wochenende steht Christina Jagla im bekannten Warenhaus KaDeWe in Berlin und bietet eine Verkostung von verschiedenen Elixieren an. Die Apothekerin, die nach ihrem Studium an der Charité promoviert hat, steckt hinter der Marke Dr. Jaglas. Gemeinsam mit ihrem Vater entwickelt sie neue Produkte und orientiert sich dabei immer an alten Arzneibuchvorschriften.
Apothekerin Christina Jagla freut sich über die Verkostung in der Feinkostabteilung des KaDeWe (Kaufhaus des Westens), wo die Elixiere seit der ersten Minute regulär im Sortiment angeboten werden. Immer wieder geht sie Kooperationen mit ausgesuchten Partnern ein, um ihre hochprozentigen Kräuter-Spezialitäten bekannter zu machen. Bis Samstagabend haben die Kunden noch die Möglichkeit zwischen Magenbitter, zuckerfreien Gin und winterlichem Gewürzlikör zu probieren. „Ihr findet mich an unserem Stand direkt neben der Champagnerbar“ informiert Jagla ihre Kunden in den sozialen Medien. Dort ist die junge Unternehmerin sehr aktiv. Den Standort Berlin hat sie sich ganz bewusst ausgesucht. Die Hauptstadt sei ein toller Firmensitz. Von hier aus könne Jagla alles rund um die Produktion, die Logistik und den Versand managen.
Angefangen hat alles in der Apotheke ihres Vaters. Hier werden die Elixiere seit Jahrzehnten hergestellt und weiterentwickelt. Mit der Zeit erfreuten sich die apothekenexklusiven Produkte größter Beliebtheit, sodass Jagla den Schritt in die Selbstständigkeit wagte: „Um die Spezialitäten aus der Apotheke auch in Feinkosthandel, ausgewählten anderen Shops und der gehobenen Gastronomie zu verkaufen, habe ich das Unternehmen Dr. Jaglas mit Sitz in der Hauptstadt gegründet.“ Auch heute noch spielt ihr Vater eine wichtige Rolle – immer, wenn es um neue Kreationen geht, wird sich gemeinsam beraten. „Die komplette Entwicklung an Rezepturen, das Überprüfen der Kräuterqualität und das Ansetzen von Kräutertinkturen erfolgt weiterhin in der eigenen Apotheke. Orientiert wird sich an alten Kompendien wie dem alten Deutschen Arzneibuch.“
Somit bleibt fast die gesamte Produktion in Familienhand. „Lediglich das finale Abfüllen der in der Apotheke produzierten Tinkturen werden von einem externen Winzer in Flaschen abgefüllt und von einem Lebensmittel-Experten noch einmal final überprüft.“ Die Flaschen greifen das Thema „Apotheke“ gekonnt auf. Braunglasflaschen in verschiedenen Größen erinnern an alte Standgefäße aus der Rezeptur. Hierfür wurde sie sogar mit diversen Design Preisen ausgezeichnet. Aus diesem Grund hat Jagla sich sofort nicht nur den Inhalt sondern auch Design und Markennamen weltweit patentieren lassen.
Auch inhaltlich erinnern die Zubereitungen an alte Arzneibuchvorschriften. „Wir sind der Arzneibuchqualität treu geblieben. Geschmacklich merkt man da einen deutlichen Unterschied im Endprodukt.“ Die Zusammensetzung auf dem Etikett liest sich wie bei einer Rezeptur. Abgerundet wird das Sortiment an Bittern, Gin und Likören mit einem antiken Dosierer, der an alte Alchemistenzeiten erinnert sowie speziellen Verkostungsgläsern, die sich äußerlich an Bechergläsern aus dem Labor orientieren.
Dr. Jaglas ist ein Unternehmen was aus einer Familienapotheke enstanden ist und die Brücke schlägt, um Produkte aus der eigenen Familienapotheke nach außen zu transportieren. Vater und Tochter arbeiten weiterhin eng zusammen und profitieren voneinander: „Mein Vater kümmert sich in der Apotheke primär um die Entwicklung und Produktion neuer Rezepturen und ich mich um den weiteren Markenaufbau von Dr. Jaglas.“ Das bekannteste Produkt ist wohl das Artischocken-Elixier. „Doch wir haben noch viele andere Rezepturen in der Familienapotheke, die ich sicher in naher Zukunft ebenfalls unter der Marke Dr. Jaglas oder unter einer anderen Marke mit einem zusätzlich gegründeten Unternehmen auf den Markt bringen werden.“
Viele Produkte seien schon durch Kooperationen entstanden: „Einen Bitter haben wir für die Zeitung ‚Die Zeit‘ entwickelt. Unseren weihnachtlichen Gewürzlikör für ein drei Sterne-Restaurant in Berlin und nun entwickeln wir gerade etwas ganz Besonderes: Einen alkoholfreien Aperitif mit Hibiscusblüten für ein geplantes Bauprojekt in Berlin der bekannten Architekten ‚Herzog & du Meuron‘.“ Das Bauprojekt ersetzt die Baulücke mitten in der City an dessen Stelle Jahre zuvor das über die Stadtgrenzen hinaus bekannte Kunsthaus Tacheles stand.
Die Apothekerin kann bereits auf eine aufregende Firmengeschichte zurückblicken. „Dr. Jaglas besteht nun im fünften Jahr und wir versenden seit diesem Jahr nicht mehr nur innerhalb Europas, sondern weltweit. Sogar bis nach Taiwan kommen unsere Elixiere.“ Am Anfang hätte sie sich das niemals träumen lassen. Was klein begann wächst immer weiter, erzählt Jaglas. „Mittlerweile habe ich mehrere Angestellte. Was anfänglich als Nebenjob anfing, ist aktuell ein Fulltime-Job.“ Und trotzdem plant die kreative Apothekerin immer noch mehr – weitere Marken und Unternehmensgründungen seien ebenfalls angedacht. Einen Tag in der Woche lässt sich die Pharmazeuten aber nicht nehmen. Dann steht sie weiterhin im Handverkauf und berät mit Freude ihre Kunden.
Auf die Frage nach Umsatzeinbruch oder Lieferschwierigkeiten während der vergangenen Monate reagiert die Unternehmerin gelassen. Glück hätten sie gehabt. „Corona hat uns weniger stark getroffen. Das liegt sicherlich zum einen daran, dass wir unser gesamtes Verpackungsmaterial und die Rohstoffe aus Deutschland beziehen und auch vieles einfach selber machen. Zum anderen blieb uns ein Großteil der Kundschaft erhalten, da wir auch einen eigenen Online-Shop betreiben. Da wir viel mit Feinkostläden, Concept-Stores und Apotheken zusammenarbeiten, konnten wir die letzten Wochen durchweg verkaufen. Dazu kommt unser erfolgreicher Online-Shop.“ Doch den weggefallenen Kontakt zu potentiellen neuen Kunden und auch zum Endverbraucher hätte sie schon gespürt: „Die ausgefallenden Messen haben dieses Jahr jedoch durchaus gefehlt. Man kann nur mutmaßen, aber ohne Pandemie wäre beispielsweise der Versand in andere Länder sicherlich erfolgreicher verlaufen. Doch beschweren kann ich mich nicht.“
Jagla wuchs in einer Apotheker-Familie auf. Nach dem Pharmaziestudium in Freiburg entschied sie sich jedoch zunächst für eine Promotion an der Berliner Charité. Auch nach der Doktorarbeit arbeitete sie halbtags in der Familienapotheke und baute in der restlichen Zeit das Unternehmen „Dr. Jaglas“ auf. Eine Fremdfinanzierung durch Investoren kam für Sie nicht Frage. Sie wollte die Zügel selber in der Hand behalten und selbstbestimmt, bedacht und organisch wachsen. Zu wertvoll waren ihr die familiären Rezepturen. „Anschließend an mein Studium habe ich promoviert. Ob ich die Apotheke von meinem Vater einmal übernehmen werde, lasse ich mir offen. Im Moment läuft die Selbstständigeit sehr gut, sie fordert mich und macht extrem viel Spaß.“ Für Jagla war der Schritt raus aus der Apotheke, rein in die Selbstständigkeit der absolut Richtige.
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