Arme Kinder öfter krank dpa, 23.06.2008 11:30 Uhr
Angesichts wachsender Armutsrisiken für Kinder in Deutschland haben Ärzte und Jugendhelfer eine bessere medizinische Versorgung und höhere Geldleistungen gefordert. Arme Kinder litten häufiger unter Bauch- und Kopfschmerzen, Depressionen und Selbstmordgedanken, berichtete der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Wolfram Hartmann, am Freitag in Berlin. Der Deutsche Kinder- und Jugendhilfetag forderte in Essen wirksames
Handeln gegen soziale Ungerechtigkeit. So müssten die Hartz-IV-Regelsätze um 20 Prozent erhöht werden, eine allgemeine Grundsicherung für junge Menschen müsse eingeführt werden.
Die Kinder- und Jugendärzte forderten auf ihrer Jahrestagung einen jährlichen Rechenschaftsbericht der Bundesregierung über Erfolge im Kampf gegen Kinderarmut. So müssten gleiche Bedingungen in der gesundheitlichen Versorgung für alle jungen Menschen geschaffen werden, verlangte Kinderärztepräsident Hartmann. Bereits heute gebe es in Hamburg, Berlin oder Köln in Stadtteilen mit sozial schwächeren
Familien weniger Ärzte für die Basisversorgung als nötig. Wegen des erheblichen Beratungs- und Versorgungsbedarfes vieler Patienten könnten Ärzte mit den Mitteln der Krankenkassen hier oft nicht mehr überleben.
Ankündigungen im Kampf gegen Vernachlässigung und Misshandlung folgen aus Sicht der Kinderärzte zu wenig Taten. „Es geht alles viel zu langsam“, kritisierte Hartmann. Eltern sollten ihre Kinder verpflichtend zur Vorsorge schicken müssen. Für solche Untersuchungen sei dringend ein neues Konzept notwendig, die jetzige Grundlage stamme aus den 70er Jahren. Psychische Probleme und Entwicklungsstörungen müssten stärker beachtet werden. Auch in der neuen Vorsorgeuntersuchung U7a für Dreijährige werde dieser Mangel deutlich. Zudem gebe es für Kinder gesetzlich Versicherter eine Lücke bei den Untersuchungen zwischen sechs und zehn Jahren.
Es sei erschreckend, dass bereits bei Kindern deutliche Unterschiede der gesundheitlichen Verfassung auf soziale Ungleichheit zurückgeführt werden müssten, erklärte die Vorsitzende im Gesundheitsausschuss des Bundestags, Martina Bunge (Linke). Sie verlangte mehr finanzielle Mittel für die Gesundheitsförderung und ein Präventionsgesetz zur gesundheitlichen Vorsorge.