Kunstprojekte

Arien vor der Apotheke Carolin Bauer, 04.07.2015 15:53 Uhr

Berlin - 

Innen Medikamente, außen Musik: In der Bahnhof-Apotheke Pasing wurde das ganze Wochenende zur Oper „Viola“ geladen. Zur Uraufführung am Freitagabend war es voll in der Offizin. Das Stück wurde im Rahmen des Festivals „Pasing by“ neunmal aufgeführt.

Inhaberin Sabine Igl-Obermüller hat bei der Vorbereitung mitangepackt. Am Donnerstag musste sie die Apotheke für die Generalprobe freiräumen und bestuhlen. Der Umbau sei aber kein Aufwand und lohne sich, sagt sie. Die Aufführung sei einmalig, da man in einem Geschäft sitze, so Igl-Obermüller. „Der Apothekenbetrieb steht aber im Vordergrund.“

Komponiert hat die Oper Mathis Nitschke. „Der Abend lief sehr gut, ich bin sehr glücklich. Das Konzept ist gänzlich aufgegangen, das Publikum war sehr berührt. Dieses Spiel damit, wer jetzt beobachtet und wer beobachtet wird, fasziniert. Jede Vorstellung ist anders, weil immer andere Leute auf unserer "Bühne" sind und unterschiedlich reagieren. Sehr faszinierend.“

Aufgeregt war er vor der Uraufführung nicht: „Bei der Generalprobe ging bereits alles gut auf.“ Der 1973 geborene Klangregisseur und Sound Designer entwickelte die 15-minütige Kurzoper, die maßgeschneidert auf Ladengeschäfte ist. Die Oper für Alt, Bratsche und Elektronik thematisiert, wie in der Gesellschaft mit Andersartigkeit und emotionalen Ausnahmezuständen umgegangen wird.

Das Werk handelt von Viola (Martina Koppelstetter), einer offenbar traurigen und desorientierten Frau, die anscheinend unter Schock steht. Außerdem geht es um Psychopharmaka. Diesen Bezug zum Tagesgeschäft findet Igl-Obermüller besonders spannend.

Die Apothekerin freut sich über die Aufführung in ihrem Geschäft. Das Publikum sitzt innen und schaut dabei durch die Schaufenster auf den Pasinger Bahnhofplatz – die Bühne. Die Räumlichkeiten stellt Igl-Obermüller kostenfrei zur Verfügung. Zum Operfan ist sie aber nicht geworden. „Ich höre mir lieber ein Philharmonieorchester an.“

Das Festival läuft noch bis zum 12. Juli. Insgesamt wurden 17 Künstler beauftragt, eine Fläche oder einen Raum im Pasinger Zentrum auszusuchen und dafür ein maßgeschneidertes Kunstwerk zu entwickeln. Dabei konnten sie auch mit ansässigen Geschäften und Immobilieneigentümern kooperieren.