Der Massenrausch bei einem Heilpraktikertreffen südlich von Hamburg Anfang September ist vermutlich gezielt herbeigeführt worden, es handelte sich nach neuen Erkenntnissen um ein therapeutisches Drogenexperiment.
Die Organisatoren der Veranstaltung vom 4. September in Handeloh – eine Heilpraktikerin und ein Psychologe aus dem Raum Aachen – befassen sich offenbar mit sogenannter Psycholyse. Dabei soll mit Hilfe von Drogen eine Art Bewusstseinserweiterung erreicht werden.
Wiederholt kam es dabei zu schweren Zwischenfällen, so verlief im März 2009 eine solche Sitzung in Berlin für zwei Teilnehmer tödlich.
In der vergangenen Woche hatte bereits der Schweizer Tages-Anzeiger berichtet, dass der Organisator ein enger Vertrauter des Schweizer Therapeuten Samuel Widmer sei, auch deutsche Medien hatten über einen möglichen Psycholyse-Zusammenhang berichtet.
Widmers „Kirschblütengemeinschaft“ wird von der Zentralstelle für Weltanschauungsfragen der Evangelischen Kirche als „problematisch“ eingestuft, Kritiker sprechen von einer Sekte.
Die Geschäftsführerin des Tagungszentrums in Handeloh hat sich von den Veranstaltern des Seminars distanziert. Die Teilnehmer mussten mit Wahnvorstellungen, Krämpfen, Luftnot und Herzrasen in Krankenhäuser gebracht werden.
2(4-Ehyl-2,5-dimethoxyphenyl)ethanamin ist ein Aufputschmittel aus der Gruppe der Phenylethylamine, die auch unter dem Name „Aquarust“ bekannt ist, erklärte Professor Dr. Theo Dingermann, Seniorprofessor am Institut für Pharmazeutische Biologie an der Goethe-Universität Frankfurt. Die Gruppe 2C unterscheide sich von anderen Substanzen durch ihre Substituenten. Diese machten die Stoffe zu besonders psychedelisch wirksamen Substanzen.
Dass die Heilpraktiker bei ihrer Tagung auf der Suche nach medizinischen Anwendungen waren, kann sich Dingermann nicht vorstellen. „Amphetamine sind therapeutisch ausgelutscht – aber nicht, was ihre illegale Nutzung angeht.“ Immer wieder würden Menschen die Stoffe „mit verrückter Chemie“ synthetisieren, um bestimmte Effekte zu erreichen. Als „gezielte Missbrauchsforschung“ bezeichnet Dingermann daher die Entwicklung von immer neuen Substanzen.
Die Wirkung von 2C-E sei sehr stark psychedelisch und halluzinogen. Die Konsumenten würden etwa Farben sehen oder körperliche Sensationen erleben. „Eine sehr bizarre Erfahrung“, so Dingermann. „Das Schlimme ist, wie häufig bei psychedelischen Drogen: Die Wirkung ist für den Einzelnen nicht vorhersehbar.“
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