Apothekerin: „Man wird zur Abgabestelle degradiert“ Lilith Teusch, 08.09.2024 07:56 Uhr
Dass PTA im Notfall auch mal zwei bis drei Stunden allein in der Apotheke arbeiten dürfen, dagegen hat Inhaberin Ivonne Rittner nichts einzuwenden. Aber als Dauerlösung für mangelnde Bezahlung und Fachkräftemangel, wie sie Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorschwebt, ist das aus ihrer Sicht keine Option. Eine Apotheke ohne approbierte Fachkraft vor Ort könne einfach nicht die gleiche Versorgungsleistung erbringen. Statt Mittel und Personal in Light-Apotheken zu investieren, sollten lieber die bestehenden Strukturen gestärkt werden, meint die Apothekerin.
Seit rund 30 Jahren führt Rittner die Ahorn-Apotheke im brandenburgischen Velten. 2008 und 2016 kamen zwei Filialen hinzu. Alle drei Apotheken seien Neugründungen, keine Übernahmen, sagt sie. Insgesamt beschäftigt Rittner heute sieben Apothekerinnen und Apotheker sowie sechs PTA. Personell hatte sie Glück: In den vergangenen zwei Jahren konnte sie vier Apotheker und zwei PTA ihres aktuellen Personals neu einstellen.
Reine Abgabestelle
Über die PTA-Vertretung denkt sie: „In akuten Notsituationen für ein paar Stunden ist das vertretbar, aber keinesfalls als Dauerlösung für eine Leitung“, betont Rittner. „Was ist das denn dann für eine Apotheke?“, fragt sie. Ohne BTM-Abgabe, ohne Nacht- und Notdienst – die von Lauterbach geplanten Zweigapotheken wären aus ihrer Sicht nur eine stark eingeschränkte Version, die wesentliche Versorgungsaufgaben gar nicht mehr erfüllen könnte und damit die Versorgungssicherheit gefährden würde.
„Man wird zu einer Ausgabestelle degradiert“, kritisiert die Inhaberin. Statt bestehende Strukturen zu erhalten, werde ein strikter Sparkurs gefahren. Die geplante PTA-Vertretung soll die Apotheker finanziell entlasten, denn die PTA erhalten für ihre Mehrarbeit kein zusätzliches Gehalt – und sind damit als Filialleiter weniger kostenintensiv. Ein Unding, findet Rittner. „Nirgendwo ist verankert, dass die Vergütung steigt, um die PTA für die Übernahme von mehr Verantwortung angemessen zu entlohnen. In keinem Unternehmen der Welt wäre es akzeptabel, dass mit mehr Verantwortung nicht auch das Gehalt steigt“, so die Apothekerin.
Derzeit sollen die Apotheker in diesen „Light-Apotheken“ nur acht Stunden pro Woche vor Ort sein – ein erheblicher Spagat findet sie, insbesondere, wenn die Filialen künftig weiter auseinander liegen dürfen. In dieser kurzen Zeit müssten die Apotheker alle Aufgaben erledigen, die vor Ort anfallen. „Wie soll das schon bei der Rezeptkontrolle funktionieren?“, fragt sich Rittner.
Statt neue Pseudo-Apotheken mit reduziertem Leistungsangebot zu etablieren, sollte in die bestehenden Strukturen investiert werden. Es müssten Anreize geschaffen werden, damit fertige Pharmazeuten nach dem Studium in die öffentlichen Apotheken gehen, fordert die Apothekerin.
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