Apothekerin macht Näh-Tutorial Cynthia Möthrath, 11.04.2020 15:29 Uhr
Atemmasken und Mundschutz sind seit mehreren Wochen Mangelware. Daher wird selbstgenähter Mund-Nasen-Schutz immer beliebter, um zumindest eine einfache Alternative zu haben. Doch auch hier kommen die Näherinnen oft nicht mit der Produktion hinterher. Apothekerin Sonja Hartmann hat deshalb nun ein Näh-Tutorial gedreht und ist sich sicher: „Das bekommt jeder hin.“
Eigentlich versorgt Hartmann ihre Kunden in der Deutschorden-Apotheke in Illerieden mit Medikamenten und guten Ratschlägen. Seit kurzem werden jedoch auch selbstgenähte Masken angeboten. „Einer meiner Kunden brauchte unbedingt eine Maske, um seine Mutter im Pflegeheim zu besuchen“, erklärt sie. Doch woher sollte die kommen? Denn schon seit Wochen herrschen bekanntermaßen massive Engpässe. Mit ausreichend Abstand, Händedesinfektion, Handschuhen und einer Mund-Nasen-Maske darf im örtlichen Pflegeheim ein Besuch von 30 Minuten stattfinden. „Ich finde das eine gute Lösung“, erklärt Hartmann. „Deshalb wollte ich ihm helfen.“
Die Suche nach dem besten Modell
Die Apothekerin suchte also zunächst im Internet nach verschiedenen Näh-Anleitungen. „Erst habe ich ein Modell mit Falten und Metall an der Nase versucht.“ Die Umsetzung habe jedoch extrem lange gedauert. Außerdem sei es für Brillenträger nicht gut geeignet, da die Brille beim Tragen der Maske ständig beschlägt. „Ich habe dann eine chinesische Anleitung gefunden, aber kein Wort verstanden“, lacht sie. Dennoch hat ihr das im Video genähte Modell gut gefallen – also wurde es nachgenäht. Mittlerweile hat es sich bewährt, da es sehr komfortabel und auch für Brillenträger geeignet ist. „Außerdem ist es super einfach zu nähen, das bekommt wirklich jeder hin!“
Hartmann fing schließlich an, die Masken auch für Freunde und Bekannte zu nähen. In der Apotheke stieg zudem ebenfalls die Nachfrage: „Viele Physiotherapeuten und andere Berufsgruppen, die keine Masken mehr bekommen, haben danach gefragt“, erklärt sie. Also ran an die Nähmaschine: „Mittlerweile nähe ich in jeder freien Minute – vor der Arbeit eine Stunde, in der Mittagspause und abends, wenn ich nach Hause komme.“ Damit es schneller geht, werden sogar mehrere Lagen Stoff übereinandergelegt und in einem Arbeitsschritt zurechtgeschnitten. „Ich habe bestimmt schon mehr als hundert solcher Masken genäht“, erklärt Hartmann. Mittlerweile sei sie geübt und es gehe mit dem gewählten Modell richtig schnell. Bis zu sieben Masken pro Stunde stellt sie fertig. Die Anfragen seien jedoch so hoch, dass sie gar nicht mehr nachkomme.
Tutorial als Hilfe zur Selbsthilfe
„Deshalb habe ich mich entschieden das Tutorial zu machen“, erklärt sie. Schließlich habe der ein oder andere schon mal an der Nähmaschine gesessen und das Modell sei wirklich vereinfacht und könne in verschiedenen Größen hergestellt werden: „Für Kinder zieht man einfach überall zwei Zentimeter ab – diese Maske kann wirklich jeder selbst nähen.“ Eigentlich dreht Hartmann lustige Videos gemeinsam mit ihrem Mann, diesmal sollte es jedoch ein Näh-Tutorial werden. „Das war schon sehr zeitaufwendig“, berichtet die Apothekerin. Da der Trafo der Nähmaschine den Ton des Mikros gestört habe, musste alles im Anschluss vertont und nachgesprochen werden. „Da haben wir schon einige Stunden gebraucht.“
Auch in der Apotheke werden die Mund-Nasen-Masken verkauft und vom Personal selbst getragen. Viele hätten bereits nach dem Schnittmuster gefragt. „Bevor ich sie verkaufe frage ich allerdings immer, ob derjenige nicht selbst nähen kann.“ Denn viele könnten es zwar, hätten aber keinen Stoff Zuhause. „Ich erkläre dann immer, dass man auch ein altes Hemd, einen Bettbezug oder eine Tischdecke verwenden kann“, erklärt Hartmann. Über Stoff- Alternativen hat sich die Apothekerin reichlich informiert – denn irgendwann ging auch ihr das Material aus. „Ich habe anfangs Dekostoff verwendet, den ich mal bei einem Fabrikverkauf günstig ergattert habe“, erklärt sie. Eigentlich sei dieser mal für die Schaufensterdekoration der Apotheke gedacht gewesen – nun sind zahlreiche Masken daraus entstanden.
Wichtig sei, dass der Stoff auf mindestens 60°C gewaschen werden kann. „Alternativ kann man ihn auch im Topf auskochen, oder in den Backofen geben.“ Den Tipp, die Masken aus alten Kleidungsstücken zu nähen würden viele Kunden dankend annehmen und die Masken schließlich den Kunden lassen, die keine Möglichkeit haben sich eine selbst zu nähen. Hartmann hofft, dass durch das Tutorial viele Hobbynäherinnen, wie sie, entlastet werden. Denn ihre Hobbies hat die Apothekerin derzeit komplett aus dem Alltag gestrichen. „Das nähen der Masken macht schon Spaß, trotzdem hoffe ich, dass bald wieder normaler Mundschutz nachkommt.“