In welcher Situation fällt den Menschen am stärksten auf, dass die Apotheke vor Ort eine der wichtigsten Gesundheitseinrichtungen ist? In der Nacht, wenn ein Medikament dringend benötigt wird. Nadine Freialdenhoven, Inhaberin der Struwwelpeter Apotheke in Kerpen, startete daher mit einem Video einen Aufruf, um den Notdienst zu bestreiken. „Wir müssen die Politik und die Bevölkerung auf die desaströse Situation in den Apotheken aufmerksam machen“, so die Inhaberin.
Was Versandapotheken nicht leisten können, sichern Apotheken vor Ort: die Versorgung der Bevölkerung mit wichtigen Medikamenten auch in der Nacht. Aufwand und Relevanz werden in den Augen der Apothekerschaft nicht genügend geschätzt – auch nicht die zahlreichen anderen Arbeiten, die täglich in der Apotheke anfallen. „Wir haben seit der Pandemie so zu kämpfen. Das hohe Retaxrisiko, die lächerlichen 50 Cent für den Mehraufwand, die Inflation und der Personalmangel sind nur einige der Dinge, die wir täglichen bewältigen müssen“, so Freialdenhoven.
„Ich fordere einen zeitlich begrenzten Streik des Nacht- und Notdienstes, damit die politischen Entscheidungsträger endlich sehen, was wir Apotheker vor Ort leisten“, so die Apothekerin in der Videobotschaft, „was ist, wenn wir plötzlich nicht mehr da sind?“ Ihr sei durchaus bewusst, dass sie ihren Versorgungsauftrag erfüllen müsse, aber momentan sei dieser durch die Lieferengpässe ohnehin nur „unzureichend aufrechtzuhalten“.
Inhaber:innen und Angestellte seien gleichermaßen müde durch den erheblichen Mehraufwand. „Wir müssen sowohl die Politik als auch die Bevölkerung wachrütteln. Die Lage spitzt sich immer weiter zu, und eine Lösung ist nicht in Sicht“, appelliert die Apothekerin. Besonders schwer falle es zudem, neue Mitarbeiter zu finden: „Das liegt daran, dass die Gehälter im Vergleich mit dem öffentlichen Dienst und der Industrie nicht konkurrenzfähig sind“, so Freialdenhoven.
Die Apothekerin betont zugleich, wie wichtig gute Mitarbeiter:innen sind: „Ohne meine Angestellten läuft rein gar nichts. Wir leisten zusammen jeden Tag so unglaublich viel. Wir sind aber alle langsam einfach ausgebrannt.“ Deswegen sei eine gemeinschaftliche Aktion umso wichtiger, ist sich Freialdenhoven sicher. Bisher bekam die Apothekerin aus der Kollegenschaft schon einiges an Zustimmung: „Viele sind bereit, sofort mitzumachen. Es wird einfach Zeit, dass unser Tun wertgeschätzt wird. Wir sind systemrelevant und wir müssen gehört werden.“
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