Dabei sei sie in diese Kindergarten-Sache „reingerutscht“, wie die Apothekerin verrät. Die dreifache Mutter hat zwei Kinder im Schulalter, das dritte ist gerade zwei Jahre alt. „Ich habe festgestellt, dass es in der Stadt keine Kita gibt, die die Tage ohne Mittagsschlaf plant“, so Müller. Also nahm sie die Sache kurzerhand selbst in die Hand. Ihr Konzept sieht dabei vor, den Kindern viel Zeit an der frischen Luft und zum Austoben zu ermöglichen. „Das ist doch schön, wenn die Kinder viel draußen sind. Außerdem macht es den Eltern das Leben leichter, wenn die Kleinen abends ausgepowert und zufrieden sind“, erklärt die Apothekerin.

Hierfür fand Müller nach anstrengender Suche den passenden Standort. Ihr Naturkindergarten findet in der sanierten Stralsunder Stadtkoppel Platz. „Wir haben den Stadtwald und den Tierpark in direkter Nachbarschaft. Dazu habe ich in unmittelbarer Nähe einen Garten privat gepachtet. Dort kommt die Matschecke hin“, gibt die Apothekerin Einblicke in ihre Pläne. Im Garten werden zudem Beete angelegt, mit denen den Kindern das Gärtnern nähergebracht werden soll.

Doch bevor im Frühjahr 2020 im Kindergarten die Drei- bis Sechsjährigen betreut werden können, bleibt einiges zu tun. „Immer, wenn ein Problem gelöst ist, kommt ein nächstes“, seufzt Müller. Gerade die Ämter verlangten der Apothekerin zunächst einiges ab: „Als ich im Bauamt meine Idee vorstellte, wurde ich erstmal schief angeguckt. Aber die anfängliche Skepsis kehrte sich im Laufe der Zeit in Unterstützung. Am Ende haben mir auch das Jugendamt, Vetirinäramt und Gesundheitsamt gut geholfen.“

Ihren Optimismus ließ sich Müller von den Anlaufschwierigkeiten nicht nehmen. „Es gibt viele Parallelen zur Apothekenbranche, etwa bei den Erlaubnisverfahren der Ämter. Nach zehn Jahren als Apothekeninhaberin bin ich stets überzeugt, dass ich die Probleme alle lösen kann“, zeigt sich die Stralsunderin kämpferisch. 15 Kinder soll ihr Naturkindergarten künftig beherbergen, vier Mitarbeiter werden sich um die Kleinen kümmern.

Anmeldungen und Bewerbungen liegen ihr schon einige vor, erzählt Müller zufrieden. Die lokale Tageszeitung berichtete über ihre Pläne und ihr Naturkonzept. „Daraufhin haben sich viele Eltern bei mir gemeldet. Sie finden mein Konzept super. Auch die Erzieher, die sich beworben haben, finden es toll und wollen kreativ daran mitwirken“, freut sich die Apothekerin. Sobald der Betrieb im Naturkindergarten erfolgreich angelaufen ist, plant Müller sogar die Eröffnung weiterer Kitas.

Das Leben als Apothekeninhaberin bleibt dabei auf der Strecke. Nach zehn Jahren wird Müller die Leitung der Hansa-Apotheke zum Jahreswechsel abgeben. Wehmütig ist die dreifache Mutter aber nicht: „Es ist alles in Ordnung so. Ich bin gerne Apothekerin, aber das Leben stellt mich gerade vor neue Herausforderungen.“ Ihre Kunden bedauern die Entscheidung, gratulieren aber zum mutigen Neuanfang. Auch für die Hansa-Apotheke sei gesorgt, die Geschäfte laufen gut, es gibt eine Nachfolgerin und genug Mitarbeiter, die sich um die Kunden kümmern. Und so stürzt sich Müller voller Tatendrang in das Leben als Trägerin eines Kindergartens: „Ich will hier etwas bewirken.“