Apothekerin: Dorfapotheken sind wichtig für die Ortstruktur Lilith Teusch, 11.08.2024 09:15 Uhr
Die St.-Ulrich-Apotheke in Wertach in Bayern hat eine neue Inhaberin: Zum 1. Juli hat die Apothekerin Dr. Martina Müller-Faßbender den Betrieb samt Team übernommen. Es ist bereits die zweite Filiale, die Müller-Faßbender führt; 2019 hatte sie die Linden Apotheke in Wiggensbach übernommen. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen in der Branche betont sie, dass die Struktur gerade im ländlichen Raum nicht zusammenbrechen dürfe.
Von Mitte April bis Mitte Mai war die St.-Ulrich-Apotheke wegen Konkursgefahr geschlossen – eine Zeit der Ungewissheit für Kunden und Mitarbeiter. Doch jetzt ist eine Nachfolgerin gefunden. „Es ist eine glückliche Situation, dass das Team der Apotheke die Treue gehalten hat und übernommen werden konnte“, sagt Müller-Faßbender. Auch Filialleiter Andreas Braun bleibt für die Apotheke verantwortlich.
Vor mehr als 20 Jahren machte sich die Apothekerin selbstständig, als sie 2002 die Marien Apotheke in Weitnau von ihren Eltern übernahm. „Ich bin selbst Weitnauerin und mein Herz schlägt für Dorfapotheken“, erzählt sie. Diese Betriebe seien für die Struktur der Orte wichtig. Auch ihr Mann ist seit über 20 Jahren Apotheker, seine Apotheken befinden sich allerdings in München.
Steigende Kosten
Obwohl Apotheken in städtischen und ländlichen Gebieten aktuell mit ähnlichen Problemen wie Fachkräftemangel und Apothekensterben zu kämpfen haben, gebe es einige Besonderheiten in ländlichen Regionen. So sei der Kundenstamm in ländlichen Gebieten in der Regel stabiler, die Möglichkeiten zur Erweiterung oder Diversifizierung des Geschäftsbetriebes seien jedoch begrenzter. Wenn die Politik immer mehr Anforderungen stelle, die das Personal bindet und die Kostenbelastung erhöht, sei irgendwann eine Grenze erreicht, erklärt die Apothekerin. Die Mehrkosten müssten irgendwie gedeckt werden, gleichzeitig wurden die Honorare seit über 10 Jahren nicht angepasst.
Ein großes Problem sei die überbordende Bürokratie, insbesondere der Aufwand für Hilfsmittel. Auch die Digitalisierung verursacht hohe Kosten für die Aufrüstung der Systeme. Zudem steigen die Energie- und Personalkosten, während die Inflation auf einem Höchststand ist. „Die Schere geht immer weiter auseinander“, so die Apothekerin.
Mit dem Apothekensterben steigt auch die Frequenz der Notdienste. „Ein Notdienst pro Woche ist auf Dauer nicht mehr machbar“, sagt die Inhaberin. Aufgrund des Personalmangels fallen Nacht- und Notdienste zunehmend auf die Schultern der Inhaber. „Die Rahmenbedingungen müssen sich ändern“, fordert die Apothekerin. Auch im Hinblick auf den Nachwuchs sei es wichtig, jungen Apothekern eine Perspektive zu bieten.
Auch wenn die Situation für die Branche derzeit schwierig ist, ist Müller-Faßbender überzeugt, dass Dorfapotheken eine Perspektive haben. „Ich glaube, dass eine Apotheke, die gut geführt wird und deren Bedeutung die Menschen vor Ort erkennen, auch funktionieren wird“, betont sie.