Apotheker wagt Neubau mit innovativem Konzept Alexandra Negt, 10.10.2020 15:21 Uhr
Hannes Clasen hat den Grundstein für seine neue Paracelsus-Apotheke gelegt. Der neue Standort im niedersächsischen Langwedel-Daverden soll modern und großzügig gestaltet werden. Der Clou: Der Apotheker integriert in den Neubau nicht nur eine direkt angrenzende Wohnung für sich und seine Familie, sondern auch noch ein Café. Zur Grundsteinlegung haben die Bäcker und künftigen Nachbarn bereits eine Kostprobe des Kuchens mitgebracht.
„In der Zukunft haben wir Platz für alle möglichen Ideen,“ beginnt Hannes Clasen, Inhaber der Paracelsus-Apotheke in Langewedel-Daverden, das Gespräch. In den aktuellen Räumlichkeiten sind zwar alle Prozesse gut eingespielt, doch es fehlt an Raum für Entwicklung. „Natürlich können wir hier immer noch gut weiterarbeiten, aber wir haben neue Ideen und wollen uns vergrößern.“ Bei der Planung der Raumaufteilung war Clasen klar, worauf geachtet werden sollte: „Der Fokus liegt eindeutig auf dem Backoffice-Bereich. Ich möchte, dass dieser Bereich durch das neue Platzangebot übersichtlicher wird. Ich freue mich auf mehr Platz beim Botentisch und Abholerregal.“
Auch die Verblisterung soll ausgebaut werden. „Patientenindividuelle Verblisterung ist bei uns ein Thema, dass immer größer wird“, berichtet der Apotheker. Hierfür kann am neuen Standort ein großer Raum eingerichtet werden. Hier bestehe dann genügend Platz für Wachstum. Doch es geht dem Inhaber auch um seine Angestellten: „Der Neubau soll es vor allem den Mitarbeiter angenehmer machen.“ Clasen möchte, dass seine Mitarbeiter auch enstpannen können und die Pausen so angenehm wie möglich werden. „Die Mitarbeiter kriegen auch einen großen Aufenthaltsraum mit Sofa und TV, wo man die Mittagszeit auch gerne verbringen möchte. Darüber hinaus bekommen sie auch eine eigene Terrasse für die Pause und ein großes Notdienstzimmer.“
Der Apotheker steht im ständigen Austausch mit seinem Team, so weiß er immer, was seinen Angestellten wichtig ist. „Wir werden dann einen Drive-In haben, damit die älteren Patienten, aber auch die gestressten Eltern mit kranken Kindern auf dem Rücksitz nicht erst aussteigen müssen, die Kinder abschnallen müssen und mit ihren kleinen in die Apotheke kommen müssen.“ Der Schalter bietet einen vollwertigen Arbeitsplatz. Für Clasen ist die Entscheidung für den Drive-In-Schalter aber noch mehr: „Es ist auch ein ganz klarer Sicherheitsaspekt. Mit dem Drive-In-Schalter kann ich meinen Apothekerinnen mehr Sicherheit geben. Dank eigenem Kassenplatz ist man stets am Kunden. Es müssen keine langen Wege zurückgelegt werden, wenn mal etwas im Computer nachgeschaut werden muss, oder der Kunde mit Karte zahlen möchte.“
Clasen hat sich ein spezielles Konzept für den Verkaufsraum überlegt: „Ich selbst bin Finne und war als Apotheker auch beim finnischen Militär, um meinen Wehrdienst zu absolvieren. Dort habe ich auch andere selbstständige Apotheker kennengelernt, von denen ich mir einige Dinge abgeschaut habe. In Finnland und in Skandinavien allgemein spielt Diskretion beispielsweise ein viel größere Rolle in den Apotheken als in Deutschland.“ Die finnischen Apotheken haben ihn zum jetzt geplanten Konzept inspiriert. „In Finnland ist jeder Kassenplatz links und rechts akustisch vom anderen Platz abgetrennt. Das möchte ich bei uns im Neubau auch umsetzen. Auch ist es dort üblich, sich für das Beratungsgespräch zu setzen. Durch die Integration eines rollstuhlgerechten HV-Tisches im Verkaufsraum möchte ich diesen Punkt zumindest teilweise umsetzen. Auch ältere Patienten können diesen Kassenplatz nutzen und sich für die Zeit des Gespräches setzen.“
Generell sei es aber an jedem Kassenplatz möglich Platz zu nehmen – ein Stuhl steht bereit. Um diese Idee nicht nur funktional, sondern auch optisch optimal umzusetzen, hat er sich Unterstützung geholt: „Die Zusammenarbeit mit meiner Innenarchitektin Renate Hawig war super. Ohne sie und die Firma Signum hätten wir das Gesamtkonzept niemals so umsetzen können.“ Auch ein behindertengerechtes WC mit ausreichend breiter Tür ist mit eingeplant. Dieser Sanitärraum bietet der Apotheke zukünftig ein neues Versorgungsgebiet: „Mit dem Einbau eines behinderten gerechten Kunden-WC haben wir nun auch noch mehr Möglichkeiten bei der Präqualifizierung. Wir können zukünftig somit auch Orthesen und Bandagen abmessen und müssen die Kunden nicht mehr ins über 10 Kilometer entfernte Sanitätshaus schicken.“
Doch damit nicht genug. Der Apotheker wollte seinen Kunden noch mehr bieten und nahm Kontakt zu einer lokalen Bäckerei auf, die Bäckerei Baalk betreibt bereits mehrere Standorte. „Die Idee mit dem Café kam auch daher, dass hier auf dem Dorf immer mehr Kneipen und Gastronomien schließen. Die Bäcker sind junge Leute, die haben mehrere Filialen. Die haben so viele tolle neue Ideen, dass die Zusammenarbeit richtig Spaß macht.“
Der Zugang zum Café ist gleich doppelt möglich: „Man kann auch von der Apotheke direkt zur Bäckerei, man muss dafür nicht nach draußen. Das ist halt super, wenn die Kunden ein paar Minuten auf etwas warten müssen. Dann können sie mit einem Coupon rüber gehen und einen Kaffee trinken oder ein belegtes Brötchen essen.“ So können die Kunden nebenan einen kurzen Moment Platz nehmen und auf ihre Bestellung oder beispielsweise Abfüllung warten. „Wir haben sogar überlegt, ob man mit so einer Art Summern arbeitet, wie man sie aus einigen Self-Service-Lokalen kennt. Dann müsste man nicht rüber laufen und den Kunden holen. Da haben wir uns aber noch nicht abschließend entschieden.“
Clasen plant die Fertigstellung für den kommenden August. Dann wird er nicht nur mit der Apotheke umziehen, sondern auch mit seiner Familie. „Ich freue mich darauf, in die angrenzende Wohnung mit meiner Familie einzuziehen. Es ist einfach schön mit der Familie Mittag zu essen und näher bei den Kindern sein zu können. So können die Kinder auch einfach mal rüberkommen. Die räumen auch jetzt schon den Kommissionierautomaten mit ein.“
Familie und Job näher beieinander zu haben ist ihm eine Herzensangelegenheit. „Im Notdienst kann ich dann auch zukünftig in meinem Bett schlafen, da die Wohnung ja direkt an die Apotheke angrenzt. Hier ist nachts nämlich eher wenig los. In den letzten fünf Diensten hatte ich nicht einen Kunden.“