Illegale Versandapotheken erkennt auch der Durchschnitts-Verbraucher oft auf den ersten Blick: Websites voller Fehler, kaum verständliche Produktbeschreibungen, ein fehlendes Impressum. Doch es gibt auch professionell gemachte Fake-Apotheken. Eine solche Seite hat ein Apotheker bei den Behörden gemeldet – und war von der ersten Reaktion ernüchtert.
Die Seite „Generika Potenzmittel“ sollte Verbraucher zwar schon aufgrund des schmalen Zuschnitts und des Versprechens „rezeptfrei und diskret“ misstrauisch machen, ansonsten versuchen die Macher aber durchaus mit einigem Aufwand, sich einen seriösen Anstrich zu geben: Es gibt Produktabbildungen und -beschreibungen, der (vermeintliche) Hersteller der angebotenen Produkte wird genannt, teilweise sogar über mögliche Nebenwirkungen der Pozenzmittel informiert. Inwiefern diese Aufklärung mit der tatsächlichen Zusammensetzung der Präparate zusammenfällt, kann nur gemutmaßt werden.
Das Angebot ist breit, die Produkte den bekannten PDE-5-Hemmern zugeordnet. Zum Portfolio zählen beispielsweise Sildamax von Agron India Limited, King Cobra blau von Vega, Vilitra von Centurion Laboratories, Sextreme Black Force von Shree Venkatesh oder Kamagra Ajanta Pharma.
Im Netz schon zu einiger Berühmtheit gebracht hat es das Produkt Valif Vardenafil Jelly, hier angeboten in den Geschmacksrichtungen Orange, Ananas, Erdbeere, Banane, Pfefferminz, Butterscotch und Schwarze Johannisbeere. Das Produkt wird auf anderen Seiten auch als Brause oder Tabs angeboten und ist als Pseudo-Potenzmittel schon so berüchtigt, dass ernstgemeinte Angebote aktiv davor warnen.
Andererseits findet sich auf Generika Potenzmittel aber auch die echte Packungsbeilage von Sildenafil als Dokument, sowie ausschweifende Beschreibungen der Wirkung der Potenzmittel: „Tadalafil, ein sehr wichtiger Bestandteil von Vidalista Schwarz 80, ist eine potente PDE-5-Hemmer-Kategorie. Es blockiert die Wirkung des im männlichen Corpus cavernosum vorhandenen Enzyms PDE-5, das den weiteren Abbau von cGMP blockiert.“
Zur Dosierung von Vidalista Black 80mg wird empfohlen, die Tablette mindestens 30 Minuten vor dem Geschlechtsverkehr oral mit ausreichend Wasser einzunehmen. Die Wirkung bleibe länger als 36 Stunden im Körper aktiv, weshalb eine Einnahmepause von drei Tagen empfohlen wird. Das Präparat soll mit oder ohne Nahrung, aber nicht mit fetthaltigen Mahlzeiten eingenommen werden.
So weit der durchaus seriöse Anschein. Der setzte sich zumindest auf den ersten Blick im Impressum fort. Demnach hat die Versandapotheke ihren Sitz angeblich in der Günther-Wagner-Allee 13 in Hannover. Tatsächlich findet sich in dem Gewerbegebiet natürlich keine Spur von einem Unternehmen dieses Namens. Und der Eintrag im Impressum wurde zwischenzeitlich auch geändert, aktuell werden nur noch die Postleitzahl in Hannover sowie eine eMail-Adresse angegeben.
Schuld daran könnte Apotheker Reinhard Rokitta sein, Inhaber der Punkt-Apotheke in Bünde und Vorstandsmitglied des Vereins Freie Apothekerschaft. Er hat sich unter anderem an das Staatliche Gewerbeaufsichtsamt Göttingen gewandt und auf den Fall aufmerksam gemacht. Im Namen seines Vereins zeigte er den Anbieter wegen des Versands von verschreibungspflichtigen Arzneimitteln an, die Verbraucher auf der Seite „rezeptfrei“ erhielten. „Das Impressum ist nicht rechtskonform. Die Adresse ist eine Briefkastenadresse.“ Als Inhaber der Webseite hatte Rokitta bereits Christos Chrysikopoulos ermittelt.
Das Gewerbeamt antwortete nach einer Woche: „Für Belange des AMG ist das Gewerbeaufsichtsamt Göttingen nicht zuständig. Die Zuständigkeit hierfür hat das Gewerbeaufsichtsamt Braunschweig. Ich bitte Sie, Ihre E-Mail dorthin zu versenden.“
Rokitta hat für diese Reaktion wenig Verständnis: „Ein interner Dienstweg wäre eher angebracht. Durch diese Abwehrhaltung kann man verstehen, dass immer weniger solcher Anzeigen erstattet werden, denn die Behörden tun nichts oder wollen sich das vom Hals halten“, empört sich der Apotheker. Trotzdem will er den Fall weiter verfolgen und die Beschwerde selbst an der richtigen Stelle vorbringen.
Die Freie Apothekerschaft versucht es noch auf einem anderen Weg und hat zusätzlich das Finanzamt Hannover-Mitte angeschrieben, vorsorglich mit dem Hinweis: „Sollten der Vorgang nicht in Ihren Bereich fallen, bitten wir um Weiterleitung an die zuständige Behörde.“ Rokitta weiß selbst, dass er von dieser Stelle aufgrund des Steuergeheimnisses keine Auskünfte zu den weiteren Ermittlungen zu erwarten hat. Immerhin: Der Eingang seiner Anzeige wurde vom Finanzamt am nächsten Tag bestätigt.
APOTHEKE ADHOC Debatte