Apotheker und Mäzen: Bernd Nürmberger verstorben APOTHEKE ADHOC, 15.08.2020 09:43 Uhr
Erlangen trauert um Bernd Nürmberger. Der Apothekeninhaber, Mäzen und Träger des Bundesverdienstkreuzes am Bande ist am 30. Juli im Alter von 79 Jahren verstorben. Bis zuletzt stand er in seiner Adler-Apotheke, in der er seit 1966 arbeitete. Auch für sie ist mit dem Tod Nürmbergers Schluss: Erlangen verliert eine der ältesten Apotheken der Stadt. Sie bestand seit 1762.
„Die Nachricht vom plötzlichen Tod dieses großen Freundes unserer Stadt erschüttert mich. Wir verlieren mit Nürmberger einen Förderer der Altstadt, einen streitbaren Kämpfer für den Denkmalschutz und kritischen Begleiter der Veränderungen unserer Stadt“, würdigte Erlangens Oberbürgermeister Florian Janik (SPD) den Träger des Ehrenbriefes seiner Stadt. Nürmberger war Kunstmäzen, Hobbyhistoriker, Person des öffentlichen Lebens in seiner Heimatstadt und Apotheker aus Leidenschaft. Noch mit Ende 70 stand er in der Offizin und betrieb die Adler-Apotheke in dritter Generation. 1919 hatte sein Großvater mütterlicherseits den Betrieb übernommen, seitdem war er in Familienhand. Und zwar komplett: Nürmberger kam 1940 zur Welt. Sein Vater fiel in Russland, als er gerade ein Jahr alt war. Seine Mutter heiratete 1946 noch einmal, erneut einen Apotheker.
Weil ihre Wohnung mit Flüchtlingen aus den Ostgebieten belegt wurde, zog die Familie ins Haus der Großeltern. So wuchsen Bernd Nürmberger und sein älterer Bruder praktisch in der Apotheke auf. „Früher hat es eine strenge Trennung zwischen den Geschäfts- und den Privaträumen so nicht gegeben“, erzählte er 2017. Das Flurzimmer sei das Bindeglied zwischen beiden Bereichen gewesen. „Mein Bruder und ich haben hier viel gespielt oder auf dem Dachboden, wo die uralten Laborgeräte standen.“
Der ältere Bruder studierte Jura, sodass es an Nürmberger war, die familiäre Tradition fortzusetzen. Im Jahr 1959 betreute er in der Adler-Apotheke die Kräuter- und Pflanzensammlung für die selbst hergestellten Rezepturen. Ein Jahr später wechselte er zum Praktikum in eine Krankenhausapotheke nach Nürnberg. Ab 1961 studierte Nürmberger Pharmazie wieder im heimischen Erlangen und wagte nach dem Staatsexamen den großen geographischen Sprung nach Lübeck: „Ich wollte einfach mal etwas anderes sehen“, erinnerte er sich. „Lübeck ist eine wunderschöne Stadt. Ich habe mich hier sehr wohlgefühlt.“ Es folgte eine kurze Episode als Pächter einer Apotheke in der Oberpfalz. Doch glücklich sei er dort nicht geworden, sagte er, weswegen es ihn schnell zurück nach Erlangen zog. Ab 1966 stand Nürmberger ununterbrochen am HV-Tisch der Adler-Apotheke, zunächst als Angestellter, dann ab 1977 nach Ausscheiden seines Stiefvaters als Pächter. Nach dessen Tod 1985 übernahm er die Apotheke ganz.
Nürmberger war aber nicht nur in seinem eigenen Betrieb ein engagierter Apotheker, er fand stets auch deutliche Worte, nicht selten der Kritik, an Politik und Standesvertretung. „Der Apotheker ist des Apothekers Feind“, sagte er und wollte die Branche damit zu mehr Zusammenhalt auffordern. Auch über die Pharmazie hinaus war er jedoch engagiert. Er setzte sich für die Kulturszene ein und versuchte, ein Bewusstsein für die Historie seiner Stadt wachzuhalten. Er amtierte als erster Vorsitzender des von ihm initiierten Stadtmuseums, das vor allem Künstler aus Franken und Nordbayern ins Scheinwerferlicht stellt.
Mehrmals schenkte er seiner Stadt auch neue Sehenswürdigkeiten, darunter ein barrierefreies dreidimensionales Stadtmodell in der Nürnberger Straße, das Inschriften in Blindenschrift enthält. Bereits vor zwölf Jahren schenkte er seiner Kommune die Martius-Säule, eine farbenfrohe Emaille des Künstlers Herbert Martius. Für sein Engagement erhielt er zahlreiche Auszeichnungen, darunter 2014 das Bundesverdienstkreuz am Bande aus den Händen des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann, die Denkmalschutzmedaille des Freistaats Bayern sowie den Ehrenbrief und die die Bürgermedaille der Stadt Erlangen.
Mit Nürmbergers Tod endet auch die fast 260-jährige Geschichte seiner Apotheke. Durch seinen Tod erlosch auch die Betriebserlaubnis. Es konnte leider keine kurzfristige Nachfolgeregelung gefunden werden, erklärt Nürmbergers Sohn auf Anfrage. Weiter wolle sich die Familie dazu nicht äußern. Seit Montag ist die Apotheke geschlossen. Wie es mit dem denkmalgeschützten Gebäude aus dem Jahr 1697 weitergeht, ist lokalen Medienberichten zufolge noch nicht klar.