Betriebsprüfung

Apotheker: So erlebte ich die Steuerfahndung

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Berlin -

Eine Betriebsprüfung ist selten – wie es so unschön heißt – vergnügungssteuerpflichtig. Aber was einem Apotheker aus NRW passiert ist, übertrifft die Erfahrungen eines Durchschnittssteuerpflichtigen um Längen. Er wirkt heute regelrecht traumatisiert vom Fiskus. Und er ist damit nicht allein.

Im Spätsommer kündigt das Finanzamt die Außenprüfung an. Der Apotheker bestellt die Daten-CD bei seinem Softwarehaus und wartet ab. Einen Monat später erscheint der Vertreter des Finanzamtes wie angekündigt zur Prüfung. „Ich habe mich schon damals über die Fragen gewundert, und über den Tonfall“, erinnert sich der Apotheker. In welchem seiner vielen Gefäße er denn das Geld verstecken würde, sei er zum Beispiel gefragt worden. Einige Missverständnisse glaubt er im Rahmen der Prüfung aufgelöst zu haben.

Hat er anscheinend nicht. Wenige Wochen später steht die Steuerfahndung früh morgens mit acht Mann vor seiner Tür. Richterlicher Beschluss, Hausdurchsuchung. Sein Privathaus wird auf den Kopf gestellt, der Dachboden und sogar seine Wäsche werden durchsucht. Handy und Tablet kopieren die Beamten, beschlagnahmen selbst hoch persönliche Dokumente ohne erkennbaren Steuerbezug. Er habe sich behandelt gefühlt wie ein Verbrecher, klagt der Apotheker. „Ich durfte nicht einmal auf Toilette gehen.“

Dann soll er zur Apotheke fahren, aber nur den Vordereingang benutzen, er werde dort erwartet. Bevor er abfahren kann, werden noch schnell sein Auto und die Garage durchsucht. Das Finanzamt wird ihm später vorwerfen, die Software in seiner Apotheke manipuliert und so Steuern im sechsstelligen Bereich hinterzogen zu haben. Der Apotheker hat keine Ahnung, wie der Fiskus auf diese Idee kommt und beteuert seine Unschuld.

In der Apotheke geht das Spiel nach seiner Darstellung weiter: Sprüche über seine üppige Rente vom Versorgungswerk, Sprüche über seine Urlaube: „Wie es denn in Schladming gewesen sei – da war ich nicht einmal!“ Nur mit einer Mischung aus energischem Auftreten und gutem Zureden kann er verhindern, dass die Apotheke vorübergehend komplett geschlossen wird. Ihm sei aber schon angedroht worden, dass die Approbation sowieso weg sei, wenn er zu ein paar Tagessätzen verurteilt würde. Für den weiteren Verlauf der Geschichte nicht ohne Bedeutung: Die Durchsuchung wird dem Apotheker in Rechnung gestellt – ein mittlerer vierstelliger Betrag.

Als sich der Pulverdampf verzogen hat, beginnt für den Apotheker und alle Beteiligten die mühevolle Kleinarbeit. Natürlich hat er sich zwischenzeitlich auch einen Anwalt genommen, immerhin läuft jetzt ein Steuerstrafverfahren gegen ihn. Nach eingehender Analyse fühlt sich der Apotheker in seinem Unrechtsbewusstsein bestätigt: Sprechstundenbedarf, Rückbuchungen, Faktura – alles lässt sich erklären. „Sie sind raus“, soll sein Steuerberater in einer Besprechung gesagt haben. Aber das Finanzamt hat noch Fragen, viele Fragen. Einfachste Details habe er aufklären müssen, ärgert sich der Apotheker.

Jedes Jahr, so der anfängliche Vorwurf des Fiskus, soll der Apotheker sechsstellige Beträge hinterzogen haben. Am Ende einigt sich sein Steuerberater mit dem Finanzamt auf einen vierstelligen Betrag. Das Strafverfahren wird eingestellt. Das klingt nach einem Erfolg, der Apotheker sieht es nicht so. Er hätte es gerne darauf ankommen lassen und gegen die Nachforderung geklagt, aber sein Anwalt habe von einer Klage abgeraten. Bis man einem Richter die Komplexität der Materie auseinandergesetzt habe, würde höhere Kosten anfallen als beim Deal mit dem Fiskus, so sein vermutlich stichhaltiges Argument. Außerdem sei zu befürchten, dass er dann jedes Jahr geprüft werde.

Also zahlt er, aber er ist alles andere als glücklich damit. Er sieht auch nicht ein, warum das Finanzamt „gesichtswahrend“ aus der Nummer herauskommen soll. Denn bei ihm habe das Ganze Spuren hinterlassen, ihm geradezu den Spaß an der Arbeit genommen. „Bei jeder Retoure hat man Angst, etwas falsch zu machen“, schildert er seinen neuen Alltag. Er fühle sich seitdem ständig auf der Anklagebank. „Diese vergangenen Jahre waren die Hölle. Man denkt immer daran, man kann das nie verdrängen.“

Dass die Finanzbehörden grundsätzlich misstrauisch sind dafür hat er sogar Verständnis. Schließlich gibt es in jeder Branche – teilweise systematische – Steuerhinterziehung, auch Apotheker wurden deswegen schon verurteilt. Hier lagen die Dinge aber erkennbar anders. Nur sei von der anderen Seite sei nicht einmal das Signal, geschweige denn eine Entschuldigung gekommen, dass man sich in diesem Fall total verrannt hatte. Denn von den anfänglichen Vorwürfen der Manipulation war zum Schluss keine Rede mehr.

Mit der sogenannten Kassennachschau hat der Gesetzgeber dem Fiskus zudem ein scharfes Schwert in die Hand gegeben, die Finanzbeamten können unangekündigt in der Offizin erscheinen und das Kassenbuch zeigen lassen. Ersten Berichten aus dem Feld zufolge haben die Apotheken aber in diesem Punkt ihre Hausaufgaben gemacht.

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