Bei der Kontrolle des gelben Impfhefts müssen Apothekenangestellte genau hinsehen. Denn die Fälle von gefälschten Pässen nehmen deutlich zu. In der Wildpferd Apotheke im nordrhein-westfälischen Dülmen ist ein Plagiat aufgefallen. Apotheker Nils Zumholz erklärt, wie er die Fälschung des Covid-19-Eintrags erkannt hat.
Zumholz ist seit knapp anderthalb Jahren als Approbierter in der Apotheke tätig. Dass er einmal auf gefälschte Einträge in Impfpässen achten muss, hat er als Pharmaziestudent nicht geahnt. Anfang der Woche zeigte sich, dass sein Chef, Dr. Wolfgang Graute, mit einem Rat an den jungen Kollegen Recht behielt. „Er hat gesagt, dass es in der Apotheke nicht nur um die Abgabe von Arzneimitteln geht, sondern auch um Menschenkenntnis“, sagt Zumholz.
Am Montagnachmittag seien zwei junge Frauen in die Offizin gekommen, um einen Impfnachweis digitalisieren zu lassen. Ein normaler Vorgang, die Digitalisierung der Covid-19-Impfung gehört in vielen Betrieben mittlerweile schon zum Arbeitsalltag. Wie immer ging Zumholz in den Backoffice-Bereich, da sich dort der Computer befindet. Als er das Heft aufschlug, um die Daten einzugeben, kam ihm der Eintrag merkwürdig vor.
Zunächst sei der Impfpass neu gewesen. „Das kann natürlich vorkommen, weil der alte beispielsweise voll ist“, sagt Zumholz. Allerdings seien beide Impfungen mit der selben Handschrift eingetragen worden. Auch die beiden Chargennummern begannen beide mit „EP“ – ein seltsamer Zufall. Die Immunisierungen seien von einem Impfzentrum abgestempelt gewesen, aber die Arztunterschrift fehlte. „Ich habe mich gefragt, ‚was mache ich jetzt‘“, erinnert sich der Apotheker.
Zunächst kopierte er die Einträge und ging wieder nach vorne in den Handverkauf, wo die beiden Frauen warteten. Zumholz entschloss sich, die fehlenden Daten anzusprechen, den Kundinnen aber nichts zu unterstellen. „Ich habe gesagt, dass die Arztunterschriften fehlen und etwas schief gegangen sein muss.“ Bei einem vorherigen Fälschungsverdacht informierte die Kammer darüber, dass Geimpfte vom Impfzentrum ein Din-A-4-Schreiben mit persönlichen Informationen und den Chargenbezeichnungen mitbekämen. „Ich habe gefragt, ob sie den Zettel dabeihaben.“
Die beiden Frauen hätten zunächst „stutzig“ geschaut. Dann sei die Diskussion losgegangen. Es habe eine Sprachbarriere gegeben und die beiden unterhielten sich zunächst untereinander auf Russisch. Der Apotheker verstand nicht, über was sie gesprochen haben. „Dann meinte die eine, dass sie den Zettel nicht dabeihaben. Ich habe sie daraufhin darüber informiert, dass ich den Impfpass einbehalten werde, weil er ohne die Unterschriften ohnehin als ungültig gelte, und ihnen versichert, dass ich ihn gut verwahre. Dass ich eine Fälschung vermutete, habe ich verschwiegen.“
Im Anschluss informierte Zumholz die Polizei. Zwei Beamte kamen in die Apotheke und nahmen den Impfausweis entgegen, um die Chargennummern bei der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abzugleichen. Später kamen die beiden Kundinnen zurück und wollten ihren Impfpass abholen, den Zettel haben sie nicht dabei gehabt. „Ich haben ihnen gesagt, dass er bei der Polizei liegt, weil ich von einer Fälschung ausgehen musste.“ Die beiden hätten diese Nachricht „erstaunlich gelassen aufgenommen“.
Gestern informierte die Polizei Zumholz darüber, dass es sich tatsächlich um eine Fälschung handelte. „Zwar wurden die Chargen tatsächlich verimpft, aber nicht zu den angegebenen Zeitpunkten.“ Damit seien die Frauen aufgeflogen. Die Polizei lobte den Apotheker für seine Mithilfe: „Die Kommissarin hat gesagt, dass es toll ist, dass wir den Mut hatten, und uns ermutigt, besser einmal zu viel die Polizei zu rufen, weil es um die Gefährdung Dritter gehe.“
Die Reaktion der Polizei sei „ermutigend“ gewesen. Denn leicht ist es dem Apotheker nicht gefallen, das Dokument einzubehalten. „Es hat mich schon Überwindung gekostet.“ Zumholz ist froh darüber, dass die Situation nicht eskaliert ist und die Kundinnen nicht aggressiv geworden sind. In den drei Apotheken habe es bisher nur einen Fälschungsverdacht gegeben, der sich jedoch entkräftigt habe. „Damals sah der Stempel eigenartig aus.“
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