Apotheker pflanzt fliegende Bäume Alexandra Negt, 10.10.2020 09:32 Uhr
Über der Neuen Apotheke in Eberswalde befanden sich bereits bei der Übernahme durch Apotheker Thomas Reygers einige Arztpraxen. 2013 entschied sich der Pharmazeut zum Neubau eines weiteren Ärztehauses direkt nebenan. Nun baut der Apotheker weitere Räumlichkeiten für Fachärzte aller Richtungen. Das neue Gebäude sticht aus dem Straßenbild hervor – nicht zuletzt durch die horizontal wachsenden Bäume.
Das neue Ärztehaus fällt auf. Zum einen sticht die moderne Fassade aus dem restlichen Straßenbild hervor. Zum anderen stehen horizontal gepflanzte Bäume von der Hauswand ab. „Die Bäume fallen auf und lassen die Passanten kurz innehalten“, berichtet Reygers. Die Idee wurde von einem Stuttgarter Unternehmen umgesetzt. „Die Idee ist ganz neu. Wir sind das zweite Gebäude in Deutschland, was mit dieser Pflanzart ausgestattet wurde.“ Die Bäume drehen sich, sodass alle Seiten genügend Sonnenlicht bekommen und es zu einem gleichmäßigen Wachstum der Baumkrone kommt. „Der Stamm wächst aufgrund der Rotation kaum noch. Wir können also lange Freude an den Bäumen haben, ohne dass die Statik gefährdet ist. Es wurden auch Arten gewählt, die nicht schnell wachsen.“ Bewässert werden die Pflanzen automatisch. Die Folgekosten seien gering, so Reygers.
„Die Bäume an der Fassade, die Graviplants, wurden vom Startup-Unternehmen Visioverdis entwickelt und in Zusammenarbeit mit unserer Apotheke angebracht. Die Bäume werden bis zu zwei Metern lang und drehen sich durch einen Motor ungefähr einmal pro Minute um die eigene Achse.“ Reygers berichtet, dass die verwendeten Pflanzenarten mehrere Jahre mit normal vertikal wachsenden Bäumen verglichen wurden und im Ergebnis eine bessere Entwicklung zeigten. Dies liege vermutlich daran, weil sie optimal über Feuchtigkeitssensoren mit Wasser und Nährstoffen versorgt werden und keiner Raumkonkurrenz durch andere Pflanzen ausgesetzt sind. Das Versorgungssystem kann der Apotheker über das Internet steuern.
Hinter der spannenden Fassade verbirgt sich das neue Ärztehaus. „Der Standort ist nur 40 Meter Luftlinie von meiner Apotheke entfernt. Ich habe mich hier erneut für den Bau eines Ärztehauses entschieden.“ Einziehen sollen Ärzte aus umliegenden Praxen, die die neuen und modernen Praxisräumlichkeiten schätzen. In dem neuen Ärztehaus werden insgesamt fünf Arztpraxen entstehen und es zieht zusätzlich ein großer Pflegedienst mit ein. Hinter dem Ärztehaus entsteht auf dem bestehenden Parkplatz mit 50 Parkplätzen ein neues Parkhaus mit zusätzlichen 35 Stellplätzen. 24 von ihnen sind für die Besucher der Ärztehauser, alle anderen sind an Ärzte und Schwestern vermietet.
„Hier in Eberswalde haben wir einige Arztpraxen, die noch in ganz alten Gebäuden untergebracht sind. Teilweise ohne Fahrstuhl oder mit Nachtspeicheröfen.“ Neue Ärzte wird es also nicht in Eberswalde geben. Das sei auch nicht möglich, da alle verfügbaren Standorte für Fachärzte vergeben seien, erzählt der Apotheker. In den freiwerdenden Praxisräumen in der 40.000 Einwohnerstadt könnten dann neue Wohnungen oder Gewerbeflächen entstehen.
„Ich denke viele Ärzte freuen sich über die modernen Räumlichkeiten.“ Auch für die Patienten seien die barrierefreien Wege vorteilhaft. Der Apotheker verzeichnet auch jetzt schon einen hohen Rezeptanteil in seiner Apotheke. Dieser könnte durch die Eröffnung des neuen Ärztehauses weiter steigen. „Es sind alle Fachrichtungen vertreten. Gegenüber unserer Apotheke liegt noch eine Poliklinik, sodass wir – die neuen Praxen mit eingerechnet – schon auf 30 Ärzte in unmittelbarer Umgebung kommen.“ Auch die Palliativversorgung gehört für Reygers dazu. Aktuell arbeitet er hier noch mit einem Lohnhersteller zusammen. Zukünftig möchte der Apotheker, der kein eigenes Sterillabor besitzt, die Produktion jedoch über die örtliche Klinik laufen lassen.
Reygers möchte alle Patienten bedienen können. „Ein eigener Reinraum würde sich jedoch bei unserem Aufkommen an Schmerzpumpen nicht rentieren.“ Bei der Rezeptbelieferung gibt er an, dass die meisten Mittel vorrätig sind – und was nicht da ist, das wird bestellt und mit dem Boten ausgeliefert. Auch seine Apotheke hat in den vergangenen Monaten zahlreiche Botendienste durchgeführt. Die Apotheke bietet sieben Kassenplätze, an denen er und seine Mitarbeiter aktuell hinter Spuckschutz stehen und bedienen. Eine weitere Besonderheit der Apotheke: der Autoschalter. „In letzter Zeit haben wir schon gemerkt, dass der Autoschalter mehr in Anspruch genommen wurde.“ Für viele Kunden stellte der Einkauf aus dem Auto heraus gerade im Frühjahr die sicherere Alternative dar.
Für das Projekt mit den Bäumen hat sich der Apotheker auch deshalb entschieden, da der Straßenzug, in dem sich das Ärztehaus befindet, nicht bepflanzt ist. „In der Straße sind aktuell noch keine Bäume, das finde ich sehr schade. Die Bepflanzung mit zwei Bäumen ist nun durch die Stadt geplant. Für eine ganze Straße ist das aber immer noch nicht viel.“ Mit seinen horizontalen Bäumen kann der Apotheker einen kleinen Beitrag zu Begrünung leisten.
Ursprünglich wollte der Apotheker eine Außenfassade aus Moos anbringen. „Bereits im Verkaufsraum haben wir die Decke mit einem speziellen Moos abgehängt. Ich dachte das wäre für die Außenfassade auch eine gute Idee.“ Das Moos hat gut Eigenschaften für ein angenehmes Raumklima. Doch für die Außenverwendung fand Reygers keine für ihn passende Lösung. „Die Bäume sind am Ende die beste Lösung. Sie sind pflegearm, tragen zur Begrünung bei und lassen die Menschen kurz staunen.“
Schon 2013 wagte Reygers den Schritt und plante den Bau eines Ärztehauses. Dieses befindet sich direkt neben der Neuen Apotheke und bietet Platz für ein halbes Dutzend Arztpraxen. Der Neubau kostete den Inhaber insgesamt 1,7 Millionen Euro. Das alte Wohngebäude wurde abgerissen, die Baugrube ausgehoben. Ende Mai 2014 wurde der Bau fertig gestellt und die ersten Ärzte konnten einziehen. Insgesamt gibt es in Eberswalde zehn Apotheken.