Apotheker muss ins Gefängnis Benjamin Rohrer, 23.05.2011 11:37 Uhr
Das Landgericht Berlin hat am Freitag einen Apotheker zu sechs Jahren und neun Monaten Haft verurteilt. Der 66-jährige Inhaber einer Apotheke am Kurfürstendamm hatte zwischen 2007 und 2009 Rezepte abgerechnet, ohne die Medikamente jemals abgegeben zu haben. HIV-Patienten hatten sich laut Gericht von Ärzten Rezepte über Virostatika besorgt und dem Apotheker für 150 bis 500 Euro verkauft. Mit den eingereichten Rezepten soll dieser die Krankenkassen um etwa 10,8 Millionen Euro betrogen haben.
Während des Verfahrens stellte sich heraus, dass der Apotheker erpresst wurde: Hintermänner der Patienten sollen den Pharmazeuten aufgefordert haben, das illegale Abrechnungsgeschäft weiter zu betreiben - andernfalls würden sie ihn verraten. „Der Beschuldigte ist dann in einen Teufelskreis geraten: Er musste immer weiter machen“, so ein Sprecher des Landgerichts. Die Staatsanwaltschaft habe inzwischen Ermittlungen gegen die Erpresser aufgenommen.
Im vergangenen November war der Schwindel aufgeflogen. Wie die Staatsanwaltschaft heraus fand, hatte der Apotheker Abrechnungen in „einem hohem dreistelligen Bereich“ bei den Kassen eingereicht. Vor zwei Wochen hatte der Beschuldigte dann ein Geständnis abgelegt, welches ihm strafmildernd angerechnet wurde. Laut Gerichtssprecher wirkte sich zudem das Alter des Beschuldigten positiv auf das Urteil aus. Er habe sich außerdem „vom Verfahren beeindruckt“ gezeigt.
Ob die Krankenkassen ihr Geld wiederbekommen, ist mehr als fraglich. Auf Konten des Apothekers wurden etwa 500.000 Euro gefunden. Über zivilrechtliche Prozesse können die Kassen dieses Geld einklagen. Der Rest des Geldes floss anscheinend in die teuren Hobbys des Beschuldigten: „Es wurden mehrere teure Autos sichergestellt“, so der Sprecher. Erlöse aus dem Verkauf der Autos sollen allerdings dem Finanzamt zugute kommen - auch hier habe der Apotheker noch Schulden.
Mit dem Pharmazeuten waren acht weitere Personen angeklagt worden. Fünf der acht Mitbeschuldigten wurden wegen Betrugs nun zu Bewährungsstrafen zwischen 14 Monaten und zwei Jahren verurteilt, die restlichen drei HIV-Patienten sind freigesprochen worden. Bei ihnen hätten nicht genügend Beweise für eine Verurteilung vorgelegen.