Jetzt machen‘s die Söhne

Apotheker Krivec übergibt nach 50 Jahren sein Imperium Silvia Meixner, 07.02.2019 15:13 Uhr

Berlin - 

In Moers kennt den Mann fast jeder: Günter Krivec, Apotheker, Investor und Sportmäzen ist eine schillernde Persönlichkeit. Jetzt hat der Olympia-Teilnehmer von 1964 nach 50 Berufsjahren seine drei Apotheken an die nächste Generation übergeben.

In der Familie Krivec gibt es ein ungeschriebenes Gesetz: Über Pharmazie und Medizin wird bei Familientreffen so wenig wie möglich gesprochen. Weil es sonst ausufern könnte. Sieben Kinder hat Krivec, drei sind Pharmazeuten, zwei Mediziner. Die beiden anderen sind Jurist und Grundschullehrerin geworden.

Zeit zum Feiern des Generationenwechsels war bisher nicht, aber das wird noch nachgeholt. Das gesamte Team, rund 100 Mitarbeiter, hat in den vergangenen Wochen und Tagen unermüdlich daran gearbeitet, dass alles – von der Inventur bis zum Computerprogrammwechsel – reibungslos über die Bühne geht.

In der Offizin wird man Vater Günter nicht mehr sehen. Er gehört nicht zu jenen, die nicht loslassen können und den Kindern das Gefühl geben, dass sie es am Ende ja doch besser könnten. Abschied heißt Abschied. Rentnerpläne darf man vom Unternehmensgründer nicht erwarten. „Er hat mir gesagt, dass er sein Leben nicht ändern wird. Er hat ja viele andere Projekte, vor allem im Immobilienbereich, hat mehrere Ärztehäuser gebaut. Und natürlich wird er uns den Rücken stärken, wenn wir Fragen haben, gehen wir gern zu ihm. Wir haben jahrelang zusammengearbeitet und haben unserem Vater viel zu verdanken“, sagt sein Sohn Dr. Simon Krivec. Vater Günter war Deutscher Meister im Dreisprung und startete im Jahr 1964 bei den Olympischen Spielen in Tokio. Seit der Vereinsgründung im Jahr 1985 ist er Präsident des Volleyball-Bundesligisten Moerser SC.

 

Die Krivec-Geschwister sind in der Apotheke groß geworden. Nach der Schule verbrachten sie viel Zeit dort. Und besserten, wie viele Apothekerkinder, mit kleinen Tätigkeiten ihr Taschengeld auf. „Wir haben Flyer ausgetragen, die Apotheken Umschau gestempelt und Tees abgefüllt“, erzählt Simon Krivec.

So wurde das Apotheken-Imperium aufgeteilt: Der 31-jährige Simon Krivec hat die Adler-Apotheke, die älteste der Stadt, und die Apotheke am Neumarkt übernommen, die Mühlen-Apotheke in Krefeld gehört ihm bereits seit sechs Jahren. Die Adler-Apotheke besteht seit dem Jahr 1635, sie wurde vom Preußenkönig Friedrich dem Großen im Jahr 1773 privilegiert. Günter Krivec übernahm sie in den 1970er-Jahren und baute sein Unternehmen kontinuierlich aus, investierte in Ärztehäuser und Praxisräumlichkeiten.

Julius Krivec gehört jetzt die Aeskulap Apotheke und er wird künftig den Unternehmensbereich der Klinikversorgung weiterführen. Die Apotheken der Familie haben sich seit vielen Jahren auf die Heim-, Palliativ- und Klinikversorgung spezialisiert, sie unterhalten eigene Reinräume. Julius Krivec sagt: „Mich hat die Arbeit im Labor schon immer fasziniert, ich habe immer gern Salben gerührt, Analysen gemacht.“ Er promoviert derzeit im Fachbereich Pharmazie in Düsseldorf. Wie sein Bruder freut er sich auf die neuen Aufgaben: „Vor der Zukunft ist uns nicht bange.“

 

Nach dem Abitur zog es die Krivec-Brüder erst einmal weg von der Heimat: „Mein Bruder hat in Freiburg studiert und dann in Berlin gearbeitet, ich habe in Frankfurt studiert und in Hamburg promoviert. Wir waren eine ganze Zeitlang weg. Ich habe mich erst in Krefeld selbstständig gemacht, weil ich nicht im elterlichen Betrieb anfangen wollte. Da ist man oft nur der Sohn, den viele schon von klein auf kennen.“ Lieber erst etwas Eigenes machen. Mit seiner Doktorarbeit hat sich Simon als Dopingexperte etabliert, er ging darin der Frage nach, ob und wie Spitzensportler den eigenen Leistungen mit verbotenen Mitteln nachhelfen. Er berät gerne und ehrenamtlich Menschen, die Fragen zu diesem Thema haben. „Ich bin in zwei Sportvereinen Anti-Doping-Beauftragter. Ich finde, dass besonders junge Sportler hinterfragen sollten, was sie so alles einnehmen. Auch bei Nahrungsergänzungsmitteln muss man aufpassen, woher sie kommen, wir machen deshalb viel Präventionsarbeit und wollen auch die Eltern für das Thema sensibilisieren.“

Alle Krivec-Kinder sind wie der Vater sportbegeistert, der Apotheker hat lange Leichtathletik, Hockey und Volleyball betrieben, sich dann sehr schwer am Knie verletzt, sodass Sport heute nur noch ein Hobby ist. Sein Wissen teilt er gerne. „Wenn man zum Beispiel an einen jungen Turner denkt, der allein auf weiter Flur ist und keine wirkliche Betreuung hat, für den sind NADA-Richtlinien schwer zu überblicken.“

Am Apothekerberuf liebt Simon Krivec, dass kein Tag wie der andere sei. „Unser Vater hat uns vorgelebt, dass es für jede Widrigkeit eine Lösung gibt. Man weiß ja nie, wie sich so ein Tag in der Offizin entwickelt, wer vor einem steht, wie man helfen kann. Er hat uns eine Grundzuversicht mitgegeben, das hilft enorm, wenn man ein großes Team führt und alle unterschiedlichen Charaktere mitnehmen muss. Wir sind zuversichtlich, dass wir am Ende immer für jedes Problem eine gute Lösung finden. Es hilft, wenn man Schwächen des einzelnen akzeptieren und darüber hinwegsehen kann. Wir versuchen, das vorzuleben.“