Apotheker helfen in aller Welt Silvia Meixner, 08.05.2017 14:24 Uhr
Geld für Werbung gibt es keines – jeder gespendete Euro wird in die Hilfsprojekte gesteckt. Seit 18 Jahren engagieren sich Apotheker aus ganz Deutschland bei „Apotheker helfen“ für Menschen in aller Welt, die nicht in die nächste Apotheke gehen können, um sich ein Pflaster oder eine Salbe zu kaufen. Denn entweder gibt es in ihrem Heimatort gar keine Apotheke oder sie wurde bei Kriegshandlungen zerstört.
Das Budget des Vereins ist knapp bemessen: „Pro Jahr haben wir zwischen 170.000 und 250.000 Euro“, sagt Geschäftsführer Andreas Wiegand. Ziel des Vereins ist es, die medikamentöse Versorgung in Krisengebieten, bei Naturkatastrophen, Krankheit oder Armut zu sichern oder zu verbessern. Am Samstag trafen sich die Vereinsmitglieder im Rahmen des Bayerischen Apothekertages in Würzburg zur Mitgliederversammlung.
Durch Kooperation mit anderen Hilfsorganisationen stellt der in München ansässige Verein beeindruckende Aktionen auf die Beine. Gerade wurden in Zusammenarbeit mit „Luftfahrt ohne Grenzen“, „Action medeor“ und „Lufthansa Cargo“ drei „Emergency Healthkits“ von Frankfurt nach Erbil geflogen. In der irakischen Stadt leben viele Flüchtlinge, die sich vor den kriegerischen Auseinandersetzungen in Mossul retten konnten.
„Ein Health Kit stellt die medizinische Grundversorgung für 10.000 Menschen für drei Monate sicher“, sagt Wiegand, „darin befinden sich unter anderem Verbands- und Schmerzmittel, Antibiotika, Infusionslösungen, Nadeln, Mittel gegen Durchfall und Augenarzneimittel. Ein Kit wiegt rund zwei Tonnen und muss mit einem großen Transportflugzeug geliefert werden.“
Die Hilfe wird dringend benötigt: „Innerhalb weniger Monate wurden in den Krankenhäusern in Erbil rund 38.000 Verletzte aus den Kämpfen um Mossul eingeliefert. Ihre medizinische Versorgung ist katastrophal, da kaum Medikamente zur Verfügung stehen. Nach einer dringenden Bitte des Oberbürgermeisters haben wir deshalb eine medizinische Luftbrücke organisiert“, sagt der Vereins-Geschäftsführer. „Jetzt stehen für die schwer verletzten Patienten wenigstens die wichtigsten Arzneimittel für ein paar Wochen zur Verfügung.“
Ein weiteres Projekt des Vereins ist der Bau eines Mutter-Kind-Hauses in Nepal. „Im vergangenen November haben wir gemeinsam mit Nepal-Medical-Careflight und Sternstunden im Dorf Dandapaya mit dem Bau des Hauses begonnen. Das Dach ist fertiggestellt, der Innenausbau hat begonnen. Ziel ist die Eröffnung im Oktober“, erzählt Wiegand.
Im vergangenen Jahr hat eine Hebamme vor Ort begonnen, Schwangere mobil zu versorgen, daraus entstand die Idee, einen sicheren Ort zu schaffen, an dem Mütter und Kinder medizinisch versorgt werden können. Auch die Kinder einer nahe gelegenen Schule sollen im Mutter-Kind-Haus eine medizinische Anlaufstelle bekommen. „Für den Innenausbau benötigen wir noch dringend Spenden, um Betten, Regale, Schränke und Infusionsständer zu finanzieren.“
Im Kibaale Distrikt in Uganda organisieren die Experten von „Apotheker helfen“ gemeinsam mit „Apotheker ohne Grenzen" derzeit in einem ersten gemeinsamen Projekt den Aufbau einer Arzneimittelversorgung. „Bei uns in Deutschland denken wir nicht darüber nach“, sagt Wiegand, „wir haben Computer, Scanner und 24 Stunden am Tag Strom.“ Anders sieht die Lage in vielen Ländern Afrikas aus. „Die Gesundheitszentren haben nur eine Solarzelle mit Batterie auf dem Dach, damit man nachts ausreichend Licht für Notfälle und Geburten hat.“ Bei der Mitgliederversammlung wurde beschlossen, ein weiteres Projekt in Uganda zu unterstützen: „Wir helfen bei der Fertigstellung des Maisuuka-Gesundheitszentrums, das sich ebenfalls im Kibaale Distrikt befindet", so Wiegand. „Es wird bis zu 100 Patienten am Tag versorgen, mit Ambulanz und stationärem Bereich und einer Abteilung für Geburtshilfe. Das gesamte Projekt kostet rund 75.000 Euro, uns fehlen noch 15.000."
Gemeinsam mit der Emesco Development Foundation bauen die Apotheker eine Arzneimittelversorgung für Gesundheitseinrichtungen auf, die Apobank-Stiftung fördert das Projekt. „Geld ist oft knapp, und das kann bedeuten, dass zu viel totes Kapital im Lager liegt oder wichtige Arzneimittel nicht beschafft werden können, wenn die Mengen falsch dokumentiert oder berechnet werden. Schritt für Schritt werden wir gemeinsam eine Versorgungslogistik aufbauen“, so Wiegand.
Im Rahmen eines Trainings-Workshops wurden Mitarbeiter in der Datenerfassung geschult: „Die meisten hatten ihre Arzneimittel nach Anwendungsgebieten und Darreichungsformen auf ihren Regalen sortiert. Auf Lagerkarten werden Warenein- und -ausgang notiert. Aber niemand nutzt diese Daten, um daraus Schlüsse für die richtigen Mengen des Einkaufs zu ziehen.“ Auch in Malawi sind die deutschen Apotheker im Einsatz, im St. Gabriel‘s Hospital wurde eine professionelle Arzneimittelliste angelegt. Die Basisausstattung beinhaltet 180 Arzneistoffe, anhand der alphabetischen Sortierung können Ärzte jederzeit sehen, welche Arzneistoffe in welcher Stärker im Lager vorrätig sind. Das ist wichtig, weil es keine elektronischen Medien wie zum Beispiel Computer zum Informieren gibt.