Rezeptur, Engpass, Handverkauf

Apotheker bringt Abgeordnete zum Staunen

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Berlin -

Am Montag stattete Politikerin Nicole Anger (Die Linke) der Sonnen-Apotheke in Magdeburg einen Besuch ab. Nicht ohne Grund: In den kommenden Wochen will sich der Gesundheitsausschuss im Landtag von Sachsen-Anhalt mit der Rolle der Apotheken befassen. Dabei geht es auch um die Frage, wie die Situation im ländlichen Raum aussieht und wie kurze Wege für Patientinnen und Patienten im Flächenland gesichert werden können. Auch der Notdienst steht auf der Agenda.

Inhaber Dr. Lars-Alexander Mohrenweiser, Vizepräsident der Apothekerkammer Sachsen-Anhalt, vermittelte der Politikerin einen umfangreichen Einblick hinter die Kulissen der Offizin. Er machte dabei vor allem deutlich, welcher Aufwand aktuell betrieben werden muss, um Patient:innen versorgen zu können. Die Vielfältigkeit der Arbeitsabläufe war für Anger äußerst beeindruckend – angefangen bei den seit geraumer Zeit bestehenden Lieferschwierigkeiten von Arzneimitteln über Bürokratiewahn bei Hilfsmitteln bis hin zur Rezepturherstellung und sonstiger Labortätigkeiten. Ganz zu schweigen von unvollständig oder fehlerhaft ausgefüllten Rezepten. „Der Arbeitsaufwand pro Patient:in ist enorm gestiegen“, erzählt Mohrenweiser.

Tägliche Hürden im Apothekenalltag

Im Rezepturlabor erkannt die Politikerin, dass es sich bei einer patientenindividuellen Anfertigung nicht einzig und allein um das Anrühren einer Salbe handelt, dass es dabei zunächst um die Bestellung der Wirkstoffe oder anderer Bestandteile geht, sollten diese nicht vorhanden sein, und um die Identitätsprüfung der Ausgangsstoffe. Ein Plausibilitätscheck wird benötigt. Ein Protokoll muss geschrieben werden. Die Rezeptur muss berechnet werden, ein Etikett wird gebraucht. Und am Ende steht die ausführliche Beratung über das Produkt.

Anger nahm sich außerdem die Zeit und schaute den Pharmazeuten vorne an der Kasse über die Schulter. Direkt konnte sie mitbekommen, welche Stolpersteine es regelmäßig im Apothekenalltag zu bewältigen gibt: Ein Kassenrezept, genauer gesagt ein ausgedrucktes E-Rezept, konnte nicht ohne Arztrücksprache beliefert werden.

„Das Aufgabenspektrum einer Apotheke geht wirklich weit über das eigentliche und für Außenstehende bekannte Abgeben von Arzneimitteln hinaus. Davon konnte ich mich heute eindrucksvoll überzeugen. Und warum die Apotheke vor Ort so immens wichtig ist, zeigt sich anhand des Kümmerns um jeden Einzelnen. Diese wohnortnahen Strukturen müssen wir unbedingt erhalten“, sicherte Anger dem Apotheker zu.

Zeitintensive Rezeptrückläufer

Mohrenweiser und sein Team versuchen alles möglich zu machen, um die Kund:innen vor Ort schnell und umfassend mit den benötigten Arzneimitteln zu versorgen. Im Gegenteil zu den Versandapotheken würden sie kein Rezept einfach an den Patienten zurückgeben, etwa weil das entsprechende Medikament nicht zur Verfügung steht oder das Rezept nicht korrekt ausgefüllt ist. „Im Kontakt mit den Ärzten suchen wir zeit- und personalaufwändig nach Lösungen, die wir auch immer finden. Und wir kümmern uns selbst um die Rezepte von Patienten, die zuvor erfolglos bei einer Versandapotheke eingereicht worden sind“, erklärt Mohrenweiser. „Denn Onlineapotheken machen sich nicht den Aufwand und suchen den Kontakt zu den Ärzten. Wir schon.“

Der Inhaber berichtet weiter, dass Apotheken nicht überleben können, wenn sie nur zeitaufwändige Rezepte und Rückläufer der Versandapotheken vor Ort managen müssen. Die Grundhonorierung würde diesen zusätzlichen Zeitaufwand mit den vielen Rücksprachen mit Ärzten nicht vorsehen. „Daher müssen Apotheken ausreichend für ihren anfallenden Arbeitsmehraufwand honoriert werden“, richtet sich Mohrenweiser mit einer Forderung an die Politik.

„Man merkt, wo der Schuh drückt“

Als Sachverständiger der Apothekenüberwachung ist Mohrenweiser nah dran an seinen Kolleg:innen und sieht, mit welchen Problemen die Betriebe zu kämpfen haben. Dazu zählen in erster Linie Personalmangel und Finanzierungsschwierigkeiten. Gerade im ländlichen Bereich seien die Schwierigkeiten auffällig.

Anger, die den Tagesablauf der Sonnen-Apotheke leibhaftig mitbekommen hat und praxisnah erfahren konnte, wie der Apothekenalltag aussieht, konnte viele Hintergründe und Anregungen für ihre Arbeit im Landtag mitnehmen. Mohrenweiser ist es gelungen, der Politikerin deutlich zu machen, was Apotheke vor Ort wirklich bedeutet und dass diese gebraucht wird – trotz aller Digitalisierung. Anger will sich dafür einsetzen, dass die Strukturen der Vor-Ort-Apotheken landesweit erhalten bleiben.

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