Inhaber als Theaterschauspieler

Apotheker Altmann und der Auftragskiller

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Berlin -

Die meiste Zeit steht Gero Altmann in seiner Kreuz-Apotheke in Recklinghausen. Doch er ist auch ein passionierter Redner – seit Jahren hält er Vorträge, unter anderem über Naturheilkunde und Alternativmedizin. Nun hat er sich einen kleinen Traum erfüllt: Nicht nur Redner, sondern auch Schauspieler sein. Als Krönung einer zweijährigen Ausbildung steht Altmann deshalb ab Januar auf den Brettern, die die Welt bedeuten.

„Das holt einen aus dem Alltag und bringt Farbe ins Leben“, erklärt er sein Hobby. Zwei Jahre lang hat Altmann in einem Bühnentraining an seinen Fähigkeiten als Schauspieler gearbeitet, unter anderem wurde er in Atemtechnik, Körpersprache und Bühnenpräsenz geschult. Nach 24 Kursen in Frankfurt, München und Hamburg krönte er seine Ausbildung mit zwei Besuchen in New York: Am renommierten Lee Strasberg Theatre & Film Institute in Manhattan, wo schon Legenden wie Marilyn Monroe oder Marlon Brando ausgebildet wurden, erhielt er den letzten Feinschliff.

Kurz darauf erfuhr er von der Chance, das Training auch umzusetzen. Am Theater Comedia Colonia in Köln, tritt Altmann ab Januar in dem Stück „I hired a contract killer“ auf – und zwar gleich in mehreren Rollen. Das Stück ist eine Adaption des gleichnamigen Films des finnischen Regisseurs Aki Karusmäki aus dem Jahr 1990. Die Idee des Drehbuchs basiert wiederum auf dem weniger bekannten Jules-Vernes-Roman „Die Leiden eines Chinesen in China“.

Die Ausgangsidee mag von 1879 sein und der Film von 1990 – die sozialkritische Geschichte ist aber zeitlos. Im Mittelpunkt steht der Franzose Henri Boulanger, der seit 15 Jahren ohne Arbeitsvertrag in einem Londoner Wasserwerk arbeitet. Doch wie so vieles wird das Wasserwerk während der neoliberalen Thatcher-Jahre privatisiert. Die neuen Eigentümer beginnen, Angestellte rauszuschmeißen. Henri ist einer der ersten, die ihren Job verlieren. Er müsse doch Verständnis dafür haben, dass bei den Ausländern angefangen wird, erklärt ihm sein Vorgesetzter – gespielt von Gero Altmann. „Genauso spielt es sich doch ständig ab in der Wirtschaft“, sagt er.

Nicht nur dass, sondern auch mit welchem Desinteresse er gefeuert wird, bricht Henri. Sein Chef weiß nicht einmal, wie man seinen Namen richtig ausspricht. Als Abschiedsgeschenk erhält er von ihm eine Uhr – doch es ist eine Damenuhr. Die könne er doch seiner Frau schenken. Henri ist alleinstehend. Mit der Abfuhr bricht seine Welt zusammen. Er wird depressiv und versucht schließlich, sich das Leben zu nehmen. Zweimal scheitert er jedoch, sodass er daran zweifelt, überhaupt zu einem Suizid in der Lage zu sein. Also trifft er eine folgenschwere Entscheidung: In einer schmuddeligen Hafenkneipe heuert er einen Auftragskiller an, der ihn umbringen soll.

Innerhalb der nächsten zwei Wochen soll er Henri umbringen. Der Auftragskiller steht aber selbst mit dem Rücken zur Wand: Sein Arzt – ebenfalls gespielt von Gero Altmann – eröffnet ihm kurz zuvor, dass er Lungenkrebs im Endstadium hat. Zwei Monate bleiben ihm noch – genug, um seinen letzten Auftrag zu erfüllen. Innerhalb der zwei Wochen geschieht aber auch für Henri Unerwartetes: Er verliebt sich in eine Kellnerin, findet dadurch neuen Lebensmut und will plötzlich doch nicht mehr sterben. „Dabei geht es um die Frage, ob man sich mit seiner Situation abfindet oder ob man andere Sachen im Leben findet, für die es sich zu leben lohnt“, erklärt Altmann. Also will Henri zurück in die Kneipe und den Killer abbestellen. Doch die Kneipe gibt es nicht mehr, ein Investor hat das Grundstück gekauft und das Gebäude abgerissen. Nun geht es für Henri und seine Freundin plötzlich ungewollt um Leben und Tod.

Altmann reizt nicht nur die Geschichte und die Schauspielerei an sich, er sieht darin auch den Nutzen für seinen eigentlichen Beruf. „Das hält einen frisch und fit, wenn man den Text auswendig lernen und sich in die Rolle hineindenken muss“, sagt er. Doch auch darüber hinaus sei eine Schauspielerausbildung in der Apotheke nützlich: Sprache, Gestik und Präsenz sind auch in der Beratung wichtig. „Je umfangreicher man so eine Ausbildung macht, desto mehr kann man die Leute motivieren und zu sich ziehen“, erklärt Altmann. Wer wissen will, wie die Geschichte ausgeht, der muss sich Tickets für eine der Aufführungen am 20. oder am 21. Januar holen. Weitere Aufführungen könnten noch folgen. „Das wird sich dann schon ergeben“, sagt Altmann.

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