Apotheker, 76: „Ich kann doch nicht ins Minus gehen“

Berlin -

Eigentlich könnte Hasan Gürcan-Kempfer seit zehn Jahren im Ruhestand sein. Doch der Inhaber der Löwen-Apotheke in Kelkheim steht immer noch in der Offizin – mit 76 Jahren. Jetzt zieht er einen Schlussstrich. Auf ihn wartet eine über die Jahre hinweg gut gefüllte Büchersammlung.

Gürcan-Kempfer kam als Doktorand nach Deutschland. Nach seinem Chemie-Studium in der Türkei wollte er hier in die Wissenschaft gehen. „Doch meine Substanzen sind kaputt gegangen“, erinnert er sich. Er schlug einen neuen Weg ein und legte ein Pharmaziestudium nach, das er aufgrund seiner Vorkenntnisse verkürzen konnte. Im Anschluss arbeitete er in Apotheken.

Seit einem Jahr fast alleine

Vor 38 Jahren übernahm er die Löwen-Apotheke. Früher arbeitete er dort mit vier Angestellten. Doch die Zeiten änderten sich. Seit fast einem Jahr steht er in seiner Apotheke allein mit einer Halbtagskraft. „Ich habe die Öffnungszeiten gekürzt und es sind auch weniger Kunden gekommen. Das ging irgendwie“, sagt er.

Doch finanziell geriet er schon seit Jahren an die Grenzen: „Seit fünf Jahren mache ich fast kein positives Ergebnis mehr. Da muss ich irgendwann aufhören, ich kann doch nicht ins Minus gehen.“ Gleichzeitig sei der Aufwand mit der Einführung des E-Rezepts deutlich gestiegen. Und so wird er seine Apotheke Mitte Mai schließen. Derzeit ist er mit der Abwicklung beschäftigt. Eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger zu finden, war nicht möglich.

Lieber Lesen, als in der Apotheke arbeiten

Der Apotheke wird Gürcan-Kempfer nicht hinterhertrauern. Im Alter von 60 Jahren entschied sich der Naturwissenschaftler, eine neue Richtung einzuschlagen und studierte noch einmal: Philosphie und Geschichte. In den vergangenen Jahren hätten sich stapelweise Bücher angesammelt, auf die er sich nun freut. „Ich lese jetzt lieber ruhig in einer Ecke zu Hause, als hier zu arbeiten.“