St. Jürgen & der heilige Hirsch APOTHEKE ADHOC, 04.04.2015 10:02 Uhr
Stimmiger wäre es, wenn in der Osternacht die Zwölf-Apostel-Apotheke in Augsburg den Notdienst übernehmen würde – des Namens wegen. Immerhin hat die St. Pankratius-Apotheke für Notfälle geöffnet. Heilige als Schutzpatron sind auch bei der Namenswahl von Apotheken sehr beliebt: Rund 650 Apotheken haben ein Sankt oder St. im Namen. Doch das Profane überwiegt: Tiere, Bäume oder ganz sachlich-regionale Bezüge überwiegen.
Der beliebteste Heilige ist Georg mit 67 Apotheken, knapp die Hälfte davon sind in Bayern. St. Martin folgt mit 46, danach mit St. Barbara die erste Heilige. Der Name Barbara allein kommt weitere 50 Mal vor. Als Namensgeber tauchen auch St. Josef, St. Michael und St. Anna öfter auf. Ausgefallener sind St. Zeno, St. Quirin, St. Trudpert oder St. Jürgen. Von den 380 Marien-Apotheken sind fast 150 in Bayern.
Wer keinen Heiligen als Schutzpatron will, geht den naturwissenschaftlich oder künstlerischen Weg: Aesculap-Apotheken gibt es immerhin 59, auch Carl Spitzweg und Theodor Fontane haben als Fachkollegen einen Fanclub. Morphin-Entdecker Friedrich Sertürner, der Arzt Albert Schweitzer und Romantikdichter Joseph von Eichendorff sind ebenfalls regelmäßig Paten. In diesen Bereich fallen weitestgehend auch die 166 Engel-Apotheken.
Deutlich häufiger gewählt werden aber landauf landab Tiernamen: Hier liegen der stolze Adler und der majestätische Löwe mit je 459 Apotheken gleichauf. Allerdings sind in dieser Summe dann auch alle Seeadler, Reichsadler und Schwarze Adler enthalten. Die pure „Adler-Apotheke“ führt vor der „Löwen-Apotheke“ mit 412 zu 409. Auf Platz 3 liegen die Hirschen mit 237 Apotheken.
Ebenfalls beliebt ist der Bär: Rund 200 Apotheken haben Meister Petz ins Wappen genommen. Peter Eiberger, ehemals Geschäftsführer der Apothekenkooperation Elac Elysée, hat gemeinsam mit seiner Frau Heidi sogar eine eigene Kooperation unter dem Namen aufgebaut. Daher werden alle neuen Bären-Apotheken lila sein – Eiberger hat sich die Rechte an dem Namen sichern lassen.
Mit Abstrichen folgen weitere Tiere im Namen, gern genommen werden Schwan, Elefant, Falke, Delfin und Kranich. Im Großraum München haben sich zudem die Bienen-Apotheken breit gemacht – auch eine Kooperation. Dazu gibt es Fabelwesen wie Phoenix, Drache oder Einhorn. Von letzteren gibt es immerhin 103.
Von Natur aus müsste das Pharmazeutenherz mehr für die Flora als für die Fauna schlagen – das mühsam erstellte Herbarium und die Biologieprüfung im ersten Staatsexamen sind den meisten sicher noch in bester Erinnerung. Doch klassische Heilpflanzen spielen bei der Namensgebung keine dominante Rolle.
Mit Abstand am öftesten gewählt wird die Rose mit 308 Treffern, auch die Lilie kommt öfter vor. Dazu gibt es die klassischen Baumnamen wie Ahorn, Eiche und Birke, vorne liegt die Linde mit rund 300 Apotheken. Außerdem gibt es noch 83 Flora-Apotheken.
Herrschaftlich kommen die knapp 230 Schloss-Apotheken daher, noch königlicher die 78 Apotheken mit einer Krone im Schriftzug. Ein gutes Dutzend Kurfürsten-Apotheken gibt es außerdem (aber fast 100 Kur-Apotheken). Volkstümlicher, aber dennoch historisch, sind die Massen an Markt-Apotheken: mehr als 400 tragen den alten Ortskern im Namen, manchmal auch als Apotheke „am Markt“ oder „am Marktplatz“.
Dazu passen die etwa 220 Rathaus und rund 200 Rats-Apotheken, die knapp 100 Post-Apotheken und letztlich sogar die jeweils 140 Burg- und Brunnen-Apotheken. Historie hin oder: Der Berufsstand ist insgesamt eher zukunftsorientiert: 121 „Alten“ Apotheken stehen 199 „Neue“ gegenüber. Allerdings ist noch nicht höchstrichterlich entschieden, wie lange sich eine Apotheke aus wettbewerbsrechtlicher Sicht als „neu“ bezeichnen darf, ohne sich der Irreführung schuldig zu machen.
Vor Gericht durchgesetzt ist dagegen schon, das auch eine Vor-Ort-Apotheke „international“ sein darf. Keinen Streit suchen seit jeher die 425 braven Stadt-Apotheken. Regional ausgewogen ist das Verhältnis von Nord- (58) zu Süd-Apotheken (56).