In einer Apotheke in Stuhr bei Bremen verweigerten Apothekenangestellte einem Zweijährigen den Gang zur Toilette. Sie begründeten dies mit Hygienevorschriften. Sowohl für Kunden als auch für Offizinmitarbeiter stellt sich die Frage, ob eine Apotheke ihren Kunden den Gang zur Mitarbeitertoilette gewähren muss. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob sie das überhaupt darf.
Als Tagesmutter und Mutter von drei Kindern kannte die Kundin die Situation: Für viele Eltern sei es unangenehm, sagte die 42-Jährige der Kreiszeitung. Die Mitarbeiterinnen der Apotheke hätten auf einen benachbarten Supermarkt verwiesen, aber die Zeit habe nicht gereicht. Erst seit knapp drei Wochen sei ihr Sohn trocken gewesen: „Da geht es von jetzt auf gleich“, so die Mutter. Sie ließ ihren Sohn die Notdurft vor der Apotheke verrichten.
Bisher habe sie in den Stuhrer Geschäften immer gute Erfahrungen gemacht. In der Apotheke hätten die Angestellten aber auf eine Anweisung ihres Chefs verwiesen. Der wiederum berief sich laut Kreiszeitung auf eine drohende Verkeimung der hinteren Geschäftsräume, wo im Labor Salben, Tabletten und Lösungen hergestellt würden. Deshalb habe er etwa auch die Beratungskabine im vorderen Bereich des Ladenlokals stationiert.
Zu Details, wie sich Apotheken in einem solchen Fall verhalten sollten, äußerte sich die Apothekerkammer Niedersachsen auf Nachfrage nicht. Der Kreiszeitung sagte eine Kammersprecherin, aus Gründen der Keimfreiheit sei es Kunden „nicht gestattet, in Reichweite von apotheken- und verschreibungspflichtigen Arzneimitteln durch das Geschäft zu gehen“. Auch in der Apothekenbetriebsordnung sei verankert, dass die Bereitstellung von Kundentoiletten nicht erforderlich sei.
Um einen Einzelfall handelt es sich wohl nicht: Im Internet tun vereinzelt Kunden ihren Ärger kund. „Ich finde das wirklich eine Unverschämtheit, vor allem von der Apotheke, die ja vom Grundprinzip her der Gesundheit verpflichtet ist und ihr Geld mit solchen Leuten wie uns verdient“, schreibt ein verärgerter Kunde in einem Forum. In einem Fall habe der Apotheker etwa aus „versicherungsrechtlichen Gründen“ den Zutritt zum WC abgelehnt, in einem anderen habe ein Mitarbeiter die ApBetrO angeführt.
Darin heißt es jedoch lediglich, der Apothekenleiter müsse für das Personal und die Betriebsräume, die zur Arzneimittelherstellung genutzt werden, geeignete Hygienemaßnahmen treffen. Weiter geht es dort um die Häufigkeit und Art der Reinigung und Desinfektion der Herstellungsbereiche und -räume, um die einzusetzenden Mittel und Geräte, die Dokumentation und Festlegungen über hygienisches Verhalten und Schutzkleidung des Personals. Über den Zugang zu Sanitäranlagen steht konkret nichts in der Verordnung.
Rein juristisch haben Kunden keinen Anspruch auf die WC-Nutzung. Im „Lexikon der Rechtsirrtümer von Dr. Ralf Höcker heißt es dazu: „Eine Notdurft macht noch keinen Notfall“. Wer kein Kunden-WC vorhalten müsse, könne frei entscheiden, wen er auf die Toilette lasse.
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