Berlins Apotheker können aufatmen: Der Räuber, der seit Anfang Oktober im Nordosten der Hauptstadt sein Unwesen getrieben hat, ist dingfest gemacht worden. Genauer: Er hat sich dingfest machen lassen. Bis dahin hatte er mindestens sieben Apotheken überfallen, ohne dass die Polizei ihn fassen konnte.
Montagabend, 21 Uhr, Berlin Lichtenberg: Ein 27-jähriger Mann spaziert in die Polizeidirektion 61 und spricht die Beamten an: „Sie suchen seit einiger Zeit einen Mann, der mehrere Apotheken überfallen hat. Der bin ich.“ So beschreibt die Berliner Polizei das Ende der zweimonatigen Raubserie. Sieben bewaffnete Überfälle hat er bisher gestanden, zu seinen Motiven und möglichen weiteren Aussagen machen Polizei und Staatsanwaltschaft noch keine Angaben.
In den letzten Tagen informierte die Berliner Polizei dann auch einige der Opfer telefonisch: Entwarnung, der Täter sitzt in U-Haft. „Ich bin froh, dass er hinter Schloss und Riegeln ist“, sagt Arite Lemm, Inhaberin der Adler-Apotheke, die am 6. November überfallen worden war. Über das weitere Vorgehen wurde sie noch nicht informiert, also ob sie bei der Polizei aussagen oder zu einem Gerichtstermin erscheinen muss. „Aber das kann sowieso noch ewig dauern“, gibt sie sich keinen Illusionen hin.
Ähnlich sieht es Dagmar Lelek, deren Wartenberger Apotheke in Neu-Hohenschönhausen kurz zuvor überfallen worden war. „Für uns ist die Sache damit jetzt erledigt“, sagt sie. Die Erleichterung anzumerken ist auch Apotheker René Rogge, Inhaber der Apotheke am Weißen See, die am 7. November Opfer des Räubers wurde. Von APOTHEKE ADHOC nach der Festnahme gefragt, war er selbst überrascht – er wusste nichts davon. „Das will ich aber nicht direkt der Polizei vorwerfen“, sagt er. „Ich bin nicht jeden Tag in der Filiale, vielleicht haben sie mich bisher nur nicht erreicht.“ Große Hoffnungen verbindet auch er nicht mit der Festnahme: „Ich erwarte gar nichts. Der wird ja nicht zurückkommen und mir das Geld wiedergeben.“
Der Täter war seit Anfang Oktober im Berliner Nordosten unterwegs und hat stets nach demselben Muster Apotheken im Nordosten der Hauptstadt überfallen: Kurz vor Ende der Öffnungszeit betrat der die Offizin. Er habe, so berichten die Opfer, sich stets ruhig verhalten und auf ein großes Küchenmesser gezeigt, dass er bei sich hatte. Er verlangte stets die Tageseinnahmen und verschwand unerkannt, als er hatte, was er wollte. Die Polizei ermittelte, war aber offensichtlich nicht in der Lage, ihm rechtzeitig auf die Spur zu kommen.
Mehrere betroffene Apotheker zeigten sich frustriert über die Informationspolitik der Polizei. So waren die überfallenen Apothekenmitarbeiter entweder ahnungslos, als der Räuber zuschlug, oder wurden im Vorfeld nur von den Kollegen in der Region informiert, nicht aber von den Sicherheitsbehörden. Inhaberin Lelek hatte sich deshalb eine Woche vor dem Überfall auf ihre Apotheke von sich aus an die Polizei gewandt, um darum zu bitten, dass die umliegenden Apotheken gewarnt werden. „Außerdem habe ich nach einer Täterbeschreibung gefragt. Da wurde mir gesagt, dass das Phantombild vom Gericht noch nicht freigegeben wurde“, so Lelek. Das stellte sich im Nachhinein als fatal heraus.
Denn als ihre angestellte Apothekerin am Abend des Überfalls mit einer Kollegin ihren Dienst tat, sah sie den Räuber bereits rund eine halbe Stunde vor der Tat. „Er saß auf dem Platz vor der Apotheke auf einer Bank und hat ein Bier getrunken“, erinnert sich die überfallene Apothekerin Caroline Schuldt. „Meine Kollegin hat ihn beobachtet und mir gezeigt. Aber man kann sich ja nicht jedes mal verrückt machen, wenn da einer sitzt und Bier trinkt.“ Ein Anruf bei der Polizei hätte wohl bereits zu seiner Festnahme geführt.
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